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Samstag, 29. Juni 2024

Ein Interview mit dem Grafiker und Illustrator Mark Freier

Ingo Löchel: Mark, kannst Du den Lesern des Online-Magazins kurz etwas über Deine Person erzählen?

Mark Freier: Klar, dann fang ich am Besten vorne an. Ich bin im Oktober 1967 in München geboren, meiner Geburtsstadt treu geblieben und arbeite und wohne noch heute mit meiner Lebenspartnerin in München – allerdings etwas ruhiger und „ländlicher“ als früher, am östlichen Stadtrand.

Nach der Mittleren Reife habe ich eine Ausbildung zum Modelltischler gemacht und dann – nach einigen völlig unterschiedlichen beruflichen Stationen – im Jahr 2004 das Studium zum Mediengestalter an der Mediadesign Akademie München erfolgreich abgeschlossen. Seitdem bin ich als freiberuflicher Grafiker tätig.

Ingo Löchel: Wie bist Du zum Beruf des Grafikers bzw. Illustrators gekommen? Hast Du schon immer gerne gezeichnet?

Mark Freier: Tatsächlich habe ich bereits als kleiner Knirps, angeregt durch die kreative und künstlerische Ader meines Vaters, eifrig gemalt und gezeichnet. In der Schule hatte ich eigentlich so gut wie immer eine 1 oder eine 2 im Zeichnen. Meine Eltern haben mich dahingehend immer gefördert, die Mittel für ein entsprechendes Studium waren allerdings nicht gegeben.

Zum Beruf des Grafikers kam ich 1999 durch einen guten Freund und Verleger, der mein kreatives Potential kannte und es mir ermöglicht hat, ohne Vorkenntnisse als Quereinsteiger in seinem Verlag als Grafiker zu arbeiten. Dort hatte ich sämtliche Freiheiten, wodurch es mir möglich war, mich völlig frei zu entwickeln und zu entfalten.

#Ich arbeitete dort an sehr ambitionierten Projekten, hauptsächlich an dem Onlineshop mit angeschlossenem Ladengeschäft für „Comedien“. Das Projekt hat sich leider aus Mangel an finanziellen Werbemitteln nicht behaupten können,  weshalb ich den Verlag 2001 leider verlassen musste.

Zwar hatte ich bis dahin viele Kenntnisse und Fähigkeiten erworben, mir fehlte allerdings immer noch ein entsprechendes Studium und auch ein viel breiteres Fachwissen und tiefer gehende Kenntnisse über Grafik und Illustration , z. B. über die Druckvorstufe. 2002 habe ich dann das Studium zum Mediengestalter begonnen.

Ingo Löchel: 2002 hast Du meines Wissens für die Anthologie „JENSEITS DES HAUSES USHER“ Dein erstes Buch-Cover erstellt. Wie kam es dazu?

Mark Freier: Okay, witzige Geschichte: 2002 war ebay noch relativ neu und ich war immer auf der Suche nach besonderen und seltenen Büchern von Edgar Allan Poe, die ich damals sammelte. Eines Tages habe ich beim Stöbern ein Edgar-Allan-Poe-Comic entdeckt, welches ich unbedingt haben wollte und deshalb mitbot.

In letzter Sekunde schnappte mir allerdings jemand diesen Schatz vor der Nase weg. Einige Wochen später setzte ich mich mit dem Käufer in Verbindung (die E-Mail-Adresse wurde damals noch angezeigt) und fragte, ob er das Comic schon ausgelesen hätte und es mir verkaufen würde.

Dieser Käufer war Markus K. Korb und diese E-Mail wohl eine der Wichtigsten meines Lebens. Natürlich hat er mir das Comic nicht verkauft da er selbst Sammler ist, aber es entstand sofort ein reger Austausch. Markus war zu der Zeit gerade dabei, seine erste Anthologie namens „Jenseits des Haues Usher“ mit Geschichten im E.-A.- Poe-Stil von deutschen Autoren zusammenzustellen.

Ich hatte bereits eigene Grafiken im Genre der dunklen Phantastik entworfen und auch schon eine Website mit eigenen frei entwickelten Bildern erstellt, die ich ihm umgehend zuschickte. Markus war sofort begeistert und fragte daraufhin, ob ich nicht Lust hätte, ein Cover für seine Anthologie zu machen. Da konnte ich natürlich auf keinen Fall „nein“ sagen.

Ich habe einige Entwürfe entwickelt, Markus hat sie gemeinsam mit der Anthologie einigen Verlagen angeboten und sie wurde schlussendlich mit meinem Cover vom Blitz-Verlag veröffentlicht.

Ingo Löchel: Danach hast Du Titelbilder für Verlage wie Atlantis und Basilisk gestaltet und warst „Hausgrafiker“ für den Blitz-Verlag. Wie kam es zu der langjährigen Zusammenarbeit mit dem Blitz-Verlag? Bedingt durch die Anthologie „JENSEITS DES HAUSES USHER“?

Mark Freier: Genau so war es. Für den Blitz-Verlag konnte ich gleich darauf die Cover für die neuen Buch-Reihen „Edgar Allan Poe's Phantastische Bibliothek“ (das erste Cover war für „Grausame Städte“ von Markus K. Korb) und „Sherlock Holmes Criminal Bibliothek“ (hier war das erste Cover für „Der Fluch von Baskerville“ von Michael Hardwick) entwickeln. 

Dann traf ich Jörg Kaegelmann auf einem Phantastik-Con in Marburg und er bot mir sofort weitere Jobs an. Auch den Buchsatz habe ich dann einige Jahre übernommen. Aber so kam der Stein ins Rollen, andere Verlage wie z. B. Atlantis und Basilisk wurden auf meine Arbeit aufmerksam und kamen dann auf mich zu.

Ingo Löchel: Seit 2015 bzw. seit 2016 zeichnest Du die CD-Cover zu den Hörspielserien „DIE NEUEN ABENTEUER DES PHILEAS FOGG“ sowie „OSCAR WILDE & MYCROFT HOLMES“. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Label Maritim?

Mark Freier: Für den Blitz-Verlag betreute ich damals bereits die Buchreihe „Sherlock Holmes Neue Abenteuer“. Dann plante Markus Winter (Winterzeit) eine neue Sherlock-Holmes-Hörspielreihe und nahm die Buchreihe in seine Hörspielproduktion mit auf.

Er war von meinen Covern angetan und fragte dann bei mir an, ob er denn das von mir erstellte Logo verwenden darf und ob ich denn nicht alle Cover für seine neue Hörspielreihe „Sherlock Holmes Chronicles“ gestalten möchte.

Auf diese Hörspielreihe wurde dann offensichtlich Sebastian Pobot von Maritim aufmerksam und ließ Markus Winter die Hörspielreihe „Die neuen Abenteuer des Phileas Fogg“ für Maritim produzieren. Sebastians Wunsch war, dass ich die Cover dazu gestalte.

Die Phileas-Fogg-Reihe lief noch komplett über Markus Winter und sein Label Winterzeit. Eines Tages fragte mich dann Sebastian, ob ich nicht auch die Cover (Logo und Reihen-Layout) für die neue Hörspielreihe „Oscar Wilde & Mycroft Holmes“ gestalten möchte.

Ingo Löchel: Welche Reihen betreust Du aktuell noch für Maritim und hast Du bisher alle Cover zu diesen Hörspielreihen erstellt?

Mark Freier: Aktuell betreue ich außerdem die Hörspielreihen „Edgar Allan Poe & August Lupin“, „Irene Adler – Sonderermittlerin der Krone“, „Moriarty“, „Frankenstein und der Zirkel der Sieben“, „Dracula und der Zirkel der Sieben“,„Sherlock Holmes – Sonderermittler der Krone“ sowie „Die schwarze Serie“.

Ingo Löchel: Seit 2018 bzw. 2020 erscheinen die beiden Serien „DORIAN HUNTER“ und „DAS HAUS ZAMIS“ im Bastei Verlag. Ich nehme mal an, dass dort auch Cover verwendet werden, die bereits bei der Veröffentlichung der neuen Buchcover des Zaubermond Verlages genutzt wurden, aber auch viele neue Cover für die beiden Horror-Serien erstellt werden müssen. Hast Du bisher alle Cover zu diesen beiden Bastei-Serien erstellt?

Mark Freier: Ja, so ist es. Und es ist auch richtig, dass in erster Linie bereits erschienene Cover verwendet werden, aber auch immer wieder mal ein neues Cover dazukommt.

Ingo Löchel: Für das Pegasus-Spiel „CTHULHU“ erstellst Du zudem die Cover für die Hard- und Softcover. Wie kam es zur Zusammenarbeit mit Pegasus?

Mark Freier: Der Pegasus-Redakteur Heiko Gill wurde durch die Dorian-Hunter-Cover auf meine Arbeit aufmerksam und fragte mich, ob ich nicht Interesse hätte, für die „Cthulhu“-Reihe von Pegasus zu arbeiten. Das war natürlich wieder eine großartige Gelegenheit.

Ingo Löchel: Bist Du selbst ein Fan von H. P. Lovecraft?

Mark Freier: Na aber sicher – in das Lovecraft-Universum und das Genre der dunklen Phantastik wurde ich quasi hineingeboren. Schon als kleiner Bub haben mich die Dracula-, Frankenstein- oder King-Kong-Filme fasziniert und in ihren Bann gezogen.

Diese Filme habe ich immer gemeinsam mit meinen Eltern angesehen. Mein Vater erklärte mir, dass es sich bei den Filmen um Märchen für Erwachsene handelt und ich deshalb keine Albträume haben muss. Hatte ich auch nie!

Ingo Löchel: Wie muss man sich das Verfahren als Laie vorstellen. Bekommst Du von den Verlagen und Labels konkrete Beschreibungen zu den einzelnen Covern, an die Du Dich halten musst, oder sind bei der Titelbild-Gestaltung auch eigene Ideen erwünscht bzw. künstlerische Freiheiten möglich?

Mark Freier: Die künstlerischen Freiheiten habe ich erfreulicherweise eigentlich so gut wie immer. Die Vorgaben unterscheiden sich. Manche Kunden haben relativ konkrete Motivwünsche, meist plakativ, aber auch mal situativ, d. h. es soll eine spezielle Szene dargestellt werden.

Andere liefern eine kurze Inhaltsangabe der Geschichte, haben aber keinen bestimmten Vorschlag für ein Motiv, sodass ich ein Cover frei nach meinen Vorschlägen entwickeln kann. Spaß macht beides.

Es kommt auch mal vor, dass ich bei der Gestaltung völlig frei bin; z. B. bei Anthologien oder Geschichtensammlungen, und nur den Titel und das Genre kenne. So verhielt es sich z. B. bei der Anthologie „Mysterien der See“, herausgegeben von Vanessa Kaiser und Thomas Karg beim Verlag Torsten Low, wofür ich übrigens den Vincent-Preis 2022 für das beste Cover gewonnen habe.

Ingo Löchel: Wie gehst du beim Erstellen Deiner Titelbilder vor? Benutzt Du dafür bestimmte Grafik- bzw. Bild-Programme?

Mark Freier: Ich arbeite ausschließlich mit der neuesten Version des Grafikprogramms „Photoshop“. Dazu verwende ich digitales Bildmaterial, z. B. Fotos oder auch KI-unterstützte Bilddateien. Aus dem Bildmaterial wird eine Bildkomposition erarbeitet, die den Inhalt des Motivs wiedergibt. Dann verwende ich gerne spezielle Strukturen und Grafikfilter.

Die eigentliche Aufgabe und Herausforderung besteht darin, dem Bild die richtige Stimmung, Tiefe und Atmosphäre zu geben. Deshalb sind sowohl das ursprüngliche Bildmaterial als auch die Bearbeitung gleich wichtig.

Ingo Löchel: Hat sich das Verfahren seit der Erstellung Deines ersten Covers im Jahr 2002 irgendwie verändert?

Mark Freier: Das Verfahren hat sich wenig geändert, aber die Arbeit hat sich verändert. Als ich mit meiner Arbeit begann war es schwierig, an günstiges und gleichzeitig qualitativ hochwertiges Bildmaterial zu kommen. Da ging ich schon mal in eine Bibliothek um mir z. B. ein Buch über Schlösser auszuleihen und Bilder zu scannen. Ich habe natürlich auch eigene Fotos gemacht (z. B. auf Friedhöfen) und entsprechend verwendet.

Weil's gerade gut passt: Die Türe auf dem Cover zu Markus K. Korb's „Grausame Städte“ ist eins von vielen Fotos, die ich in Regensburg aufgenommen habe (tolle Stadt!). Und gerade fällt mir ein: Das Gesicht auf der Türe auf dem Cover des Dorian-Hunter-Hörspiels Folge 1 ist ebenfalls aus meiner Regensburger Fotoserie.

Heute ist es so, auch durch den Überfluss an KI-Bildern, dass es ein enormes Angebot an Stockphotos zu günstigen Preisen gibt.

Zudem haben sich natürlich in den Jahrzehnten die technischen Fähigkeiten von „Photoshop“ enorm entwickelt. Die Möglichkeiten sind inzwischen nahezu grenzenlos, was es zum einen zwar einfacher, manchmal aber auch bei der riesigen Auswahl an technischen Varianten komplizierter macht.

Und früher war es so, dass man ein bestimmtes Objekt händisch „freistellen“ musste, d. h. Konturen mussten manuell nachgezogen und ausgeschnitten, also freigestellt, werden, um damit weiterarbeiten zu können. Heute erledigt das Photoshop mit einem Klick.

Ingo Löchel: Ist der Zeitaufwand der gleiche, egal ob Du Cover für Bücher, Heftromane oder Hörspiele erstellst?

Mark Freier: Das kann man so nicht ganz sagen. Bei den Hörspiel- und Heftromanreihen ist ja mein Grundlayout bereits vorhanden, Logo, Titel und Typographie stehen also und es geht „nur“ noch um das Bild. Bei anderen Projekten wie z. B. Filmplakaten oder Büchern muss das gesamte Werk erarbeitet werden, was natürlich mehr Arbeit darstellt.

Ingo Löchel: Wie sieht ein ‚gewöhnlicher‘ Arbeitstag bei Dir aus?

Mark Freier: Der Vorteil als freiberuflicher Grafiker ist, dass ich mir meinen Arbeitstag und meine Arbeitszeiten völlig frei einteilen kann. Mein Studio befindet sich in einem ausgebauten Hobbyraum, also im unterirdischen Teil unserer Wohnung, weshalb mich meine Partnerin auch ab und zu als „Grottenolm“ bezeichnet, wenn mal wieder stundenlang nichts von mir zu hören oder zu sehen ist und ich nicht „ans Tageslicht“ komme...

Für gewöhnlich schlafe ich bis gegen Mittag, zum „Frühstück“ gibt’s Kaffee und dann geht es ab in meine „Gruft“. Meine erste längere Pause mache ich dann erst zum Abendessen. Am späteren Abend – wenn meine Partnerin dann schlafen geht – geht es dann meist weiter mit der Arbeit.

Ich arbeite gerne nachts. „In der Nacht betreten wir andere Welten, die Sinneseindrücke verändern sich und alles entschleunigt sich.“ Man hat die absolute Ruhe und kann sich besser in die Arbeit vertiefen.

Ingo Löchel: Hast Du Vorbilder an denen Du Dich bei Deinen Werken orientierst?

Mark Freier: Bei meinen Auftragsarbeiten, die die Leute kennen, eigentlich gar nicht, weder bei den Layouts noch bei den Bildern. Bei meinen frei gestalteten Werken, von denen ich ja einige in Deiner Galerie präsentieren darf, spielt z. B. der großartige Schweizer Künstler H. R. Giger eine Rolle. Sicher ist man aber auch immer von seinem Umfeld – Menschen, Orte, Begebenheiten – inspiriert.

Ingo Löchel: Ist eigentlich bereits ein Bildband von Dir mit Deinen Werken erschienen oder ist einer geplant?

Mark Freier: Bisher noch nicht, aber wer weiß was noch kommt.

Ingo Löchel: An welchen Cover-Projekten arbeitest Du derzeit? Kannst Du den Lesern des Online-Magazins dazu schon etwas verraten?

Mark Freier: Nun gut, soviel kann ich verraten: Bei Maritim werden demnächst 2 neue Hörspiel-Reihen erscheinen, zu denen ich wieder die Cover machen darf. Beide sind im Wilde & Holmes-Kosmos angesiedelt.

Aktuell freue ich mich auch auf die Zusammenarbeit mit Marc Fehse (Marctropolis) an den „Tom Shark“-Hörspielfolgen 7 – 9, auf neue Folgen von Thomas Birkers „DreamLand Grusel“ oder auch neue Hörspielproduktionen von Sven Schreivogel wie z. B. „Geisterstunde“ oder „Gordon Black“ vom Amusement Verlag.

In Kürze arbeite ich auch wieder mit der Autorin Simone Wolfe an ihrem bereits 5. Teil der Buchreihe „Marla“, die damit als unbekannte Autorin einen sehr beachtlichen Erfolg hat, was mich natürlich freut.

Ingo Löchel: Mark, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

Mark Freier: Danke für das Interesse, sehr gerne!

 

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1 Kommentar:

Anonym hat gesagt…

Sehr interessant und aufschlussreich.
Scheinbar sind nicht nur Autoren "Grottenolme" 😉
(sr)