Translate

Samstag, 15. Juni 2024

Ein Interview mit dem Autor Morgan D. Crow

Ingo Löchel: Morgan, kannst Du den Lesern des Online-Magazins kurz etwas über Deine Person erzählen?

Morgan D. Crow: Moinsen! Ich bin Morgan. Meines Zeichens Autor, Mitte Dreißig, und ein Hort unnützen, merkwürdigen und zuweilen makabren Spezialwissens, das ich intern und extern mit mir herumtrage. Damit kann ich Leute stundenlang unterhalten und tue das auch sehr gerne.

Ingo Löchel: Morgan D. Crow ist also Dein richtiger Name und kein Pseudonym?

Morgan D. Crow: Oh, deep undercover... Ich muss die Leser und Leserinnen leider enttäuschen. Es gibt kein nettes, altes Ehepaar namens Sam und Edna Crow.

Ingo Löchel: Wie bist Du zum Schreiben gekommen?

Morgan D. Crow: Das geht lange zurück. Ich habe als Kind schon Geschichten zu Bilderbüchern erzählt, weitergesponnen, was ich im TV oder in Form von Hörspielen mitbekommen habe – und irgendwann fing ich dann auch an, das aufzuschreiben. Natürlich ist es ein langer Weg, bis man gut genug geworden ist, dass man das Ganze auch Verlagen anbieten kann, und Menschen ernsthaft Geld dafür ausgeben. Aber das ist ok.

Wenn man lernt ein Instrument zu spielen, kann man ja auch nicht nach ein paar Monaten ein ganzes Album einspielen und auf Tour gehen. Es dauert. Und mit jedem Text wird man besser. Diese Fortschritte zu sehen, ist eine gute Motivation. Und ausgelernt hat man sowieso nie. Am Anfang habe ich vor allem Kurzgeschichten geschrieben. Vor einigen Jahren nahm dann ein groß angelegtes Romanprojekt Gestalt an, an dem ich auch weiterhin arbeite.

Es ist sehr rechercheintensiv und hat viele Ebenen, die sinnvoll verbunden werden wollen. Aktuell schreibe ich an zwei Tagen pro Woche am Roman, ein Tag ist der Recherche vorbehalten, an zwei weiteren Tagen sitze ich an den Heftromanen. Wobei mit zunehmender Professionalisierung auch immer mehr „Bürotage“ kommen, an denen man sich zum Beispiel um Korrespondenzen, Werbemittel oder Steuer kümmert.

Ingo Löchel: 2022 gabst Du meines Wissens mit dem Horror-Roman „DER SCHRECKEN AUS DEM MEER“ (Gespenster-Krimi # 93) Dein Autoren-Debüt. Kannst Du den Lesern des Online-Magazins kurz etwas zur Handlung des Romans verraten?

Morgan D. Crow: Aber sehr gerne doch! – Anfang Mai 2022 betraten meine Protagonistin Eliza, ihr Jugendfreund Professor Harker und die dezent schrulligen Bewohner des englischen Dörfchens Goodman’s Land das erste Mal die Kioske. Wir befinden uns in England, 1926. „Der Schrecken aus dem Meer“ erzählt von Elizas und Harkers Wiedersehen, nachdem sie einander drei Jahre lang (räumlich) getrennt waren.

Diese Pause, in der nur Briefe und Telefonate hin und her gingen, entstand durch den Verlust eines geliebten Menschen: Elizas Ehemann und Harkers Freund und Förderer, Sir Henry, ist verstorben. Diese Trauerphase war ein hartes Stück Arbeit. Aber nun ist Harker wieder da und besucht Eliza auf ihrem Sitz Musgrave Hall, wo ein Sturm in der Nacht ein unförmiges Etwas an den Strand gespült hat. 

Zunächst gehen alle davon aus, dass es sich um die Überreste von irgendeinem Meerestier handeln muss. Das ist auch gar nicht so falsch – allein: Das Vieh ist höchst lebendig. Und es hat großen Appetit auf alles, das ihm vor sein Maul kommt. Da hat es sich allerdings das falsche Dorf ausgesucht und die falsche Lady.

Denn Eliza – ihres Zeichens Baroness – ist zwar eine liebevolle und freundliche junge Frau, aber sicher niemand dem man querkommen will. Schon gar nicht, wenn man dabei ihre Freunde und Nachbarn attackiert. Dann werden Stickzeug und Gruselromane aus der Hand gelegt, und sie greift zum Gewehr (von denen es auf Musgrave Hall reichlich gibt).

So kommt es, dass Eliza und Harker sich dem Monstrum entgegenstellen. Zugute kommt ihnen dabei, dass Harker Professor für Geschichte und Archäologie ist; spezialisiert auf abergläubische und magische Vorstellungen. Die beiden bilden ein gutes Team, und unterstützt von Wildhüter Chadwick und dem einmaligen Butler Dillinger, geht es dem Meeresungeheuer an den Kragen.

Ingo Löchel: Wie kamst Du auf die Idee zu diesem Roman?

Morgan D. Crow: Das war eine Schnapsidee (ohne involvierten Schnaps). Als ich ein Kind war, hat mein Bruder Massen von Heftromanen gelesen. John Sinclair, Maddrax, auch mal Gespenster-Krimi... Da flogen immer einige zu Hause herum. Irgendwann in 2021 packte mich dann die fixe Idee, ob ich auch so einen Roman schreiben könnte. Also besorgte ich mir etwas zum Lesen, um ein Gefühl für das Genre zu bekommen.

Das erste Heft war „Der Schrecken aus dem Teufelsmoor“ von Philippe Pascal (Gespenster-Krimi Nr. 50). In ein paar sehr gut laufenden Schreibsessions entstand der Anfang meines ersten Romans, der damals noch den Arbeitstitel „Der Blob“ hatte. Aber aus diversen Gründen ließ die Energie nach, lange passierte nichts mehr mit dem Skript.

Ich hatte schon den Finger am Lösch-Button – entschied mich aber nochmal um. Ich habe das Material an meinen Lieblingskollegen, Thomas Williams, geschickt und ihn um seine Meinung gebeten. Er sagte, ich sollte es fertigschreiben. Werde wahrscheinlich nie vergessen, wie er hinzufügte: „Es würde mich sehr wundern, wenn sie es nicht nehmen.“ Und so nahm alles seinen Lauf.

Aber zurück zur Idee: Es ist schwierig, das genau festzunageln. Ich hatte, wie so oft, einfach plötzlich Bausteine im Kopf. Strand. Sturm. Blob-Wesen. Schöne Lady, die es faustdick hinter den Ohren hat. (In meiner Ur-Idee sollte der Blob mit einer Riesenladung Salz niedergemacht werden, wie eine Schnecke. Was natürlich unendlich sinnvoll gewesen wäre. Nicht.)

Diese Bausteine verbanden sich mit anderen, die in meiner Eingangs erwähnten Sammlung unnützen Wissens herumlagen. Namentlich, dem „Monster von St. Augustine“, das 1896 in Florida angespült wurde. Man hielt es damals für die Überreste eines gigantischen Oktopusses – wenn es auch damals schon Zweifler gab. Höchstwahrscheinlich handelte es sich um banalen Walblubber. Einige Informationen dazu sind in den Roman direkt eingeflossen, andere mehr im Hintergrund. Das Meiste entwickelt sich, während ich schreibe.

Ingo Löchel: Wie lange hast Du an Deinem Debüt-Roman geschrieben?

Morgan D. Crow: Das kann ich gar nicht mal genau sagen. Durch die lange Unterbrechung (und da ich ohnehin nicht so viel zum Schreiben komme, wie ich gerne würde) jedenfalls episch lang.

Ingo Löchel: Wie kam es zur Veröffentlichung des Romans „DER SCHRECKEN AUS DEM MEER“  in der Bastei-Heftroman-Reihe „GESPENSTER KRIMI“?

Morgan D. Crow: Ein Geburtshelfer war, wie erwähnt, Thomas Williams. Von ihm habe ich genau den richtigen Zuspruch im richtigen Moment bekommen. Überhaupt sind wir beide große Fans von „Lift as you climb“, also die eigenen Möglichkeiten zu nutzen, um anderen unter die Arme zu greifen. Und wenn es durch ein offenes Ohr ist. Nachdem das Skript fertig war, habe ich es mehreren Testlesern gegeben.

Einer meiner Lieblingssätze, die mir als Kommentare in die Datei geschrieben wurden, war: „Jeder sollte einen Dillinger haben.“ Richtig! Der Butler Dillinger hat in der Regel wenig Text, aber unter den Nebenfiguren, wage ich zu behaupten, ist er die beliebteste. Auf den Mann ist einfach immer Verlass.

Nun hatte ich also mein Bestes gegeben, Meinungen eingeholt... Es ging ans Verschicken. Damals landeten Gespenster-Krimis noch auf dem Tisch von Britta Künkel. Sie dürfte den meisten Lesern ein Begriff sein. Die Zusammenarbeit mit ihr war immer sehr angenehm.

Ich hatte nicht damit gerechnet, dass ich schnell eine Reaktion bekommen würde. Aber nach ein paar Tagen kam eine Mail, dass sie das Exposé gelesen hatte und es ihr gut gefiel. Nochmal etwas später trudelte die Zusage ein. Insgesamt waren, glaube ich, keine zwei Wochen vergangen. Das war im Sommer 2021.

Erschienen ist „Der Schrecken aus dem Meer“ dann im Mai 2022. Es ist ein verrücktes, aber sehr gutes Gefühl, das erste Mal das Cover zu sehen. Das Heft im offiziellen Shop zu entdecken. Das erste echte Exemplar in der Hand zu halten! Nennt mich simpel gestrickt, aber das wird einfach nie alt werden. Ich fiebere immer noch jeder Sendung mit Belegkopien entgegen, freue mich über jeden Vertrag, der eintrudelt, und jede positive Bewertung.

Ziemlich hibbelig habe ich dann angefragt, ob ich noch einen Teil schreiben dürfte. Oder mehr. Britta fand die Idee gut, ich schrieb ein kurzes Serien-Exposé und Umrisse für drei oder vier weitere Episoden – and the rest is history. Inzwischen darf ich sechs Gespenster-Krimis mein Eigen nennen. Nummer sieben ist in den Startlöchern.

Konrad Wolfram: Wie viel Recherche steckt im Vorfeld hinter den Romanen um Musgrave Hall, damit die Leserinnen und Leser sich möglichst schnell in die für die Handlung gewählte Epoche beim Lesen hineinversetzten können?

Morgan D. Crow: Viel. Natürlich nicht vergleichbar mit einem „richtigen“ Roman, für den man wesentlich mehr Material wälzt und mehr Details hinterfragt. Da muss man auch ein wenig abwägen. Aber bevor eine neue Episode ihren ersten Satz getippt bekommt, vergeht schon Zeit. In der Regel zwei bis vier Arbeitstage nur Recherche (mit etlichen Quer-Recherchen zwischendurch, schon während die Idee Form annimmt und während des Schreibens selbst).

Das kommt allerdings auch mit auf das Thema an. Manches habe ich sehr lebhaft und mit entsprechenden Infos hinterlegt im Kopf. (Frag mich nachts um drei nach strigoii und ich halte dir einen Vortrag) Anderes möchte erstmal unterfüttert werden. Zu Teil sechs („Geister, die in Wänden lauern“, Gespenster-Krimi Nr. 145) habe ich mir nochmal mehr zu H. H. Holmes angelesen (dann aber relativ wenig verwendet, weil der Text sich anders entwickelte).

Für Teil vier („Die Klauenhände von Milchester“, Gespenster-Krimi Nr. 131) ging es vor allem um Waffentechnologie. Die ist in meinen Geschichten immer etwas abgedreht. Außerdem habe ich für dieses Heft mein Wissen zu Spring-heeled Jack nochmal deutlich erweitert. Andere Hefte entstehen mehr aus dem Bauch heraus und benötigen vielleicht halb so viel Recherche. Viel Arbeit liegt dann nochmal an, wenn das Skript fertig und an den Verlag geschickt ist. Denn dann pflege ich alle möglichen Details, die ich im Heft erwähnt habe, in eigene Dateien ein, um sie später wieder zu finden. Das können Hintergründe zu Figuren sein, Ortsnamen mit Angaben zur Lage und Distanzen – je nach dem.

Ingo Löchel: Wer genau ist Lady Fitzgibbon?

Morgan D. Crow: Ah, bene! Eliza ist die Baroness Fitzgibbon of Musgrave, Baroness of her own Right und mittels Erbschaft von der Seite ihres verstorbenen Mannes, Sir Henry, her. Also doppelt-gemoppelt adelig. Den Kopf hat sie aber nicht in erhabenen Wolken, sondern ist eine sehr pragmatische, nahbare Frau. Ich glaube, was sie auszeichnet, ist ihre Bodenständigkeit, gepaart mit einem Hang zu schwarzem Humor und allem, was irgendwie seltsam und unheimlich ist. Man kann mit ihr ebenso auf einem edlen Gala-Dinner glänzen, wie Pferde stehlen oder eben Monster niedermachen.

Zur Not alles im Abendkleid. Sie setzt sich sehr für „ihre“ Menschen ein – was allerdings auch ihre größte Schwäche ist. Darum wird sich noch die ein oder andere Verwicklung drehen. Die kommenden Episoden 8 und 9 werden sich dieses Themas unter anderem annehmen. Eliza residiert in Musgrave Hall, dem Sitz, den sie von ihrem Mann geerbt hat, auf dem sie aber als Kind schon viel Zeit verbracht hat. Sie liest gerne Schundliteratur und „Weird Tales“, Phantastisches und Kurioses.

Mit ihren Gegnern ist sie nicht zimperlich, aber fürsorglich und warmherzig zu den Menschen, die ihr nahestehen. Immer um sich herum hat sie „ihre Männer“, das Team, das in MUSGRAVE gemeinsam mit ihr recherchiert, Ungeheuer zur Strecke bringt und allerlei anderes erlebt: Professor Harker, Tobias Graham, Jethro Torrance und – natürlich – Dillinger.

Konrad Wolfram: Bei den „Musgrave Hall“-Romanen des „GESPENSTER-KRIMI“ ist es ja gelungen, bei den stets wiederkehrenden Figuren aus dem typischen Schwarz-Weiß-Rahmen für "Helden" bzw. "Heldinnen" herauszustechen.

Wie kamst Du als Autor auf so erfrischend interessante Figuren wie Graham, der ja eher einen kriminellen Hintergrund zu haben scheint, oder aber den Büchsenmacher  Torrence, der eigentlich mit niemandem wirklich warm zu werden scheint?  

Morgan D. Crow: Oh, danke für das Lob! – Hm, mit den Figuren ist es ähnlich wie mit den Geschichten insgesamt. Ich habe mit einem Mal einfach ein Bild im Kopf oder sehe irgendwo eines und – zack! Es entsteht etwas (oder jemand) daraus, von dem ich vor zwei Minuten noch nicht wusste, dass ich schreibend ein paar Jahre mit ihm verbringen würde.

Graham zum Beispiel, der zum einen legal operierender Geschäftsmann ist, zum anderen aber der Boss einer höchst effizient organisierten Gang, ist das Ergebnis einer sich entwickelnden Auflösung für Band 2 („Die Bestie von Baldoon“, Gespenster-Krimi Nr. 111), eines Bildes aus einer TV-Serie, das mir hängen geblieben war, und – ein kleines bisschen – meinem Lieblings-Snookerspieler, Mark Selby. Daraus entstand, schneller als ich kucken konnte, eine Figur. Er sollte eigentlich nur für das Finale der „Bestie“ da sein, aber das Eigenleben, das sich da herausbildete, war einfach zu umfangreich und zu interessant.

Inzwischen ist es noch weiter angewachsen. Ich muss über derlei nie nachdenken. Das ist vielleicht das Praktischste, was mein Hirn so kann, wenn es um das Autorenleben geht. Die Dinge kommen einfach zu mir und entwickeln sich, ohne, dass ich bewusst eingreifen würde. Mein Schreibtisch ist quasi eine Petrischale des Unheimlichen. Das Ganze auszuarbeiten und auf Papier zu bringen, ist dann wieder Arbeit. Die beste Idee bringt ja nichts, wenn du sie nicht für andere sichtbar machen kannst. Aber die Figuren selbst...

Das ist ein bisschen wie bei einem Videospiel. Die Landkarte ist die ganze Zeit da, du siehst sie nur nicht. Je weiter du aber kommst, je mehr du geschafft hast, je mehr wird sichtbar. So ist das auch mit meinen Figuren.

Torrance war ein ähnlicher Unfall. Aber ich mag ihn wirklich gern. Er hat so eine gewisse LMAA-Aura, die vielleicht auch Eliza ganz gut tut. Außerdem finde ich die Spannungen zwischen ihm und Graham interessant. Torrance‘ Verhältnis zu Graham ist sehr ambivalent.

Konrad Wolfram: Wie bist Du auf den Namen Harker bei dem noch recht jungen Professor gekommen. Schwingt da eine gewisse Leidenschaft für den Roman „DRACULA“ von Bram Stoker mit, wo ja auch eine Figur diesen Nachnamen trägt?

Morgan D. Crow: „Dracula“ ist natürlich ein großes Buch. Die erste Hälfte gefiel mir dabei immer besser, als die zweite. Bis Lucy vernichtet wird, so in etwa. Danach ist es ein bisschen „Indiana Jones jagt Dracula“, wenn du verstehst was ich meine. Da wird es zu sehr Abenteuerroman und verliert den Gothic Horror.

Auch die Figur Dracula verliert im Laufe des Buches. Aber das liest sicher auch jeder anders. Ich glaube, Harkers Name plöppte tatsächlich auch eher zufällig auf. Einer dieser vielen Springteufelchen aus meinem inneren Archiv. Andere Details, wie der Name eines Schiffes, der im „Schrecken aus dem Meer“ vorkommt, sind aber absichtlich gesetzt.

Konrad Wolfram: Einmal Abseits vom Heftroman betrachtet, welche Bücher aus dem Genre hatten möglicherweise ebenfalls einen prägenden Einfluss darauf, selbst Autor zu werden?

Morgan D. Crow: Prägend... Das kann ich gar nicht so auseinanderziehen. Faszinierend, dass andere das können, und einem genau auflisten: „Das und das habe ich als Kind gelesen/im Studium kaum aus der Hand gelegt; das hat mich geprägt.“ Ich glaube, es ist eher ein Sammelsurium. Von Groschenromanen über Sachbücher zu diversesten Themen bis zu Werken der Weltliteratur findest du in meinem Regal alles.

Da steht der „Graf von Monte Christo“ einträchtig im gleichen Stockwerk wie eine DVD-Box von „Hannibal“ (der Serie), „Jane Eyre“ oder „Achtsam Morden“. Nicht weit davon findest du „Sie“ (Misery) von King, ein Buch über Dinosaurier, eins über Frances Glessner Lee, eine Poe-Gesamtbox und etliches (etliches!) von Agatha Christie. Großgeworden bin ich ja in den 90ern. Damals, und in den frühen 2000er Jahren, waren Paranormales und Okkultes überall. Im TV, im Kino, Büchern, Lifestyle...

Überall. Das habe ich inhaliert. Das Unheimliche und Zwischenweltliche, das war schon immer meins. In Summe kommen sicher zu viele Einflüsse zusammen, um ein oder zwei bestimmte herauszuziehen. Was insgesamt dazu geführt hat, nicht nur speziell Horror, sondern allgemein zu Schreiben – mindestens so schwierig zu beantworten. Ich glaube, es war einfach ein Bedürfnis. Ich hatte diese Geschichten im Kopf, und ich wollte gern, dass andere sie auch sehen können.

Ingo Löchel: Was unterscheidet Deiner Meinung nach Deine Romane von anderen Werken des Horror-Genres?

Morgan D. Crow: Das musst du meine Leser und Leserinnen fragen! Ich könnte jetzt natürlich posaunen, dass ich Klischees umschiffe, andere Figurenkonzepte habe oder was auch immer. Aber da man das Rad nicht neu erfinden kann, gehe ich stark davon aus, dass es irgendwo auf der Erde mindestens noch einen Dude gibt, der das ziemlich Gleiche macht wie ich. (Und es genauso liebt wie ich.) 

Was völlig ok ist. Was ich sagen kann, ist, was ich versuche. Ich möchte ein Gleichgewicht in den Texten haben, zwischen Grusel und Action (ohne Torture Porn oder Gemetzel) auf der einen Seite, Schrulligkeit und schwarzem Humor auf der anderen Seite und Figuren, die eine gewisse Tiefe haben.

Da muss man immer gut dosieren. Jeder Fall ist anders. Manchmal wird es schrulliger, manchmal unheimlicher. Manchmal ist der Kill Count höher, manchmal steht wieder etwas anderes im Vordergrund. Aber die Mischung innerhalb der Serie muss stimmen. Mit den Figuren ist es genauso. Kein Mensch will pro Heft die Biografie einer Figur lesen.

Das funktioniert nicht. Im Heft geht es um den jeweiligen Fall. Manche geben Raum, jeweils eine oder zwei Figuren oder ihr Verhältnis zueinander genauer zu beleuchten. Andere kümmern sich weniger darum. Das kommt darauf an. Zumal man, wenn man vorhat, eine Serie über eine möglichst lange Zeit zu schreiben, sein Pulver auch nicht zu früh verschießen darf.

Wenn ich in Teil 6 schon auserzählt habe, was mit Harker und Eliza ist, oder wie Graham zu seinem kleinen Imperium kam – was soll ich dann in Teil 9 oder 12 erzählen? Man muss das einteilen und auch sehen, in welcher Episode es passt, mehr über die Hintergründe der Figuren zu erzählen.

Gute Typen zu schreiben ist etwas, das ich schaffen möchte. Ebenso wie mir Handlungsstränge auszudenken, die nicht vollkommen vorhersehbar sind, und Hintergründe zu magischen Vorstellungen und Aberglauben einzuflechten, die real sind. Ich möchte Menschen gut unterhalten. Wenn ich das schaffe, ist meine Mission erfüllt.

Ingo Löchel: An welchen Romanen schreibst bzw. arbeitest Du gerade? Kannst Du den Lesern des Online-Magazins dazu schon etwas verraten?

Morgan D. Crow: Aktuell sitze ich an Teil 8, der aber noch keinen Titel hat. Voriges Jahr habe ich eine Verlosung veranstaltet, bei der meine Sammelkarten (zu Teil 1 und 2 bisher) Premiere gefeiert haben. Dazu sollten die Leser mir Vorschläge schicken, gegen welche Monster ich Eliza und die Gang antreten lassen soll. Teil des Gewinns war es, dass der Vorschlag auch zu einem Heft verarbeitet wird.

Je nach Großwetterlage müsste dieses Heft Ende 2024 oder Anfang 2025 kommen. Noch muss ich das Finale schreiben (auf ausgehenden Seiten) und den Text gesamt überarbeiten. Recherchen für Band 9 laufen bereits. Der ist schon sehr lebhaft in meinem Kopfkino und möchte möglichst schnell verwirklicht werden.

Darin werden die Leser und Leserinnen dann auch einen Gegner kennenlernen, der uns noch öfter beschäftigen wird. Etwas Neues im Musgrave-Universum. Versprechen kann ich aber schon: Es wird kein unzerstörbarer Über-Feind. Über anderes, das gerade ausgeheckt wird, kann ich noch nichts verraten. Das ist noch geheim.

Ingo Löchel: Steht dazu schon das Veröffentlichungsdatum fest?

Morgan D. Crow: Erstmal kommt im August Teil 7. Da wird sich alles um Spuk drehen. Alles weitere hängt von Arbeitsgeschwindigkeiten und sheer dumb luck ab.

Ingo Löchel: Morgan, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

 

 

Die Romane des Autors Morgan D. Crow

Gespenster Krimi (Lady Fitzgibbon)

Keine Kommentare: