Ingo Löchel: War es ein langer Weg bis zum fertigen Serien-Konzept von "DIE ABENTEURER"?
Begonnen hat alles natürlich, wie könnte es anders sein, mit einer Idee, als mir ein Bericht über die letzten weißen Flecken auf der irdischen Landkarte in die Hände fiel. In Verbindung mit meinem Faible für Archäologie und unerklärliche Vorkommnisse lag der Serienplot damit schon fast auf der Hand.
Folglich dauerte es auch nur wenige Tage, bis ich ein Rahmenexposé zurechtgezimmert hatte und zudem den groben Handlungsabriss für die ersten drei oder vier Romane. Das zu verfeinern und weiter auszuarbeiten, Datenblätter für die ersten Protagonisten zu erstellen und so weiter war ebenfalls vergleichsweise schnell erledigt.
Bevor ich diese Unterlagen weiterleitete, hielt ich Rücksprache mit Manfred Wegener, den ich gern als Autorenkollegen gewonnen hätte. Manfred hielt das Konzept für gut und tragfähig und war zu meiner Freude auch bereit, sich als Autor zu beteiligen. Leider war es ihm aus verschiedenen Gründen, als ich schließlich grünes Licht hatte, dann doch nicht möglich, einen Roman für »Die Abenteurer« zu verfassen.
Ich schickte mein Rahmenexposé und die ersten Handlungsexposés an den Bastei-Verlag, der immer wieder neue Heftromanserien auf den Markt brachte. Auf die Rückmeldung, in der Bastei Interesse bekundete, musste ich nicht lange warten.
In der Folge gab es mehrere persönliche Gespräche in Bergisch Gladbach, bei denen alles Nötige besprochen wurde. Der Serientitel »Die Abenteurer« war rasch gefunden, weitere Autoren wurden über den Verlag angesprochen, ich schrieb die ersten drei Manuskripte, der Handlungsfaden wurde weiter mit Fleisch behängt – und eines Tages hielt ich das erste Romanheft mit dem Titel »Das magische Auge« in Händen. Mein Kind! Ein schönes Gefühl, das mir heute noch Spaß macht.
Ingo Löchel: War der Bastei Verlag von Anfang an an der Serie interessiert oder kostete es einige Überredungskunst, damit der Verlag „DIE ABENTEURER“ veröffentlichte?
Hubert Haensel: Überredungskunst? Nein. Ich glaube, dass man mit Überredungskunst allein keine Serie auf den Markt bringen kann. Alle Beteiligten müssen von dem Projekt überzeugt sein. Die Zeit war einfach reif für eine engagierte Abenteuer-Serie, die verschiedene Genres in sich vereinte. Abenteuerliche mystische Archäologie in der Jetztzeit, in Verbindung mit aktueller Technik, aber mit Bezug auf die tiefe Vergangenheit der Menschheit ... Nun ja, Indiana Jones hat zur Inspiration durchaus auch ein wenig beigetragen.
Ingo Löchel: Hätte es neben dem Bastei Verlag auch noch einen Alternativverlag gegeben?
Hubert Haensel: Darüber habe ich mir keine Gedanken machen müssen. Bastei war für mich das erste in Betracht kommende Verlagshaus, und Bastei hat sich der Serie angenommen.
Ingo Löchel: Für diese Serie musste doch auch sehr viel Recherchearbeit geleistet werden und Hintergrundwissen vorhanden sein. Wer war dabei die treibende Kraft. Sie oder Robert de Vries? Oder beide zusammen?
Hubert Haensel: Ich möchte die ambitionierte Serie sehen, für die nicht viel Rechercheaufwand nötig ist. Die Grundidee stammte von mir, der Hintergrund mit der Echsenz... nö, da gehe ich lieber mal nicht ins Detail, man weiß ja nie, wozu das noch gut sein kann.
Wie schon erwähnt: Ich habe ein Faible für Archäologie, für Unerklärliches, und Robert de Vries ergeht es offenbar keinen Deut anders. Ich finde, wir haben uns prima ergänzt und einander die Bälle zugeworfen.
Im Laufe der Jahre habe ich mir auch einige Schauplätze
aus der Nähe angesehen, so z.B. Yukatan und dort besonders Palenque, die
Pyramiden sowieso. Auch Angkor würde viel guten Stoff bieten; irgendwie haben
es mir Dschungel und Wüste angetan. Lediglich die Armee der Tonfiguren des
ersten chinesischen Kaisers, über die ich einen Doppelband schrieb, kenne ich
aus eigener Anschauung nur von einer, zugegeben: eindrucksvollen, Ausstellung.
Ingo Löchel: Waren Sie oder Robert de Vries für die Exposes der Serie verantwortlich?
Hubert Haensel: Anfangs war es allein mein Metier. Später haben wir die Story in Gemeinschaftsarbeit weiterentwickelt. Immerhin gab es regelmäßige Autorenkonferenzen.
Ingo Löchel: Hatten Sie als Erfinder der Serie Einfluss auf die Gestaltung der Serie und auf die Auswahl der Autoren?
Hubert
Haensel: Die Gestaltung der Serienhandlung lag in meiner/unserer Hand. Die Wahl der
Autoren wurde verlagsseitig vorgenommen, aber selbstverständlich konnte ich
Vorschläge einbringen.
Ingo Löchel: „DIE ABENTEURER“ war mit der Leserkontakt-Seite, der Artikelserie „Mythen, Fakten und Legenden“ von Robert de Vries sowie den Innenillustrationen ab Band 6 etc. sehr liebevoll aufgemacht. War diese Aufmachung von Anfang an so geplant?
Hubert
Haensel: Nicht von Anfang an, aber doch sehr bald. Überhaupt muss ich sagen, dass
Bastei sich sehr für die Serie engagiert hatte.
Ingo Löchel: Gab es Hindernisse, diese liebevolle Aufmachung beim Bastei Verlag durchzusetzen?
Hubert
Haensel: Die Serientitelgestaltung, die Wahl der Zeichner und der Cover, die
überwiegend passend zum Inhalt gestaltet wurden, das Drumherum – alles das
wurde von Bastei ausgewählt und arrangiert. Insofern ist die Fragestellung
falsch. Es gab keine Hindernisse, sondern Unterstützung.
Ingo Löchel: Gab es ein besonderes Ereignis im Bezug auf „DIE ABENTEURER“ an das Sie sich heute noch besonders gut erinnern?
Hubert Haensel: Das ist lange
her und wird inzwischen von Anderem überlagert. Was mir im Gedächtnis geblieben
ist, das ist die engagierte und begeisterte Zusammenarbeit aller an der
Heftserie Beteiligten. Jeder hat seine Ideen eingebracht.
Ingo Löchel: Hatten Sie eine spezielle Lieblingsfigur oder spezielle Lieblingsfiguren in der Serie?
Hubert Haensel: Tom und Gudrun –
Gudrun im Besonderen. Und natürlich Kar.
Ingo Löchel: Kam die Einstellung der Serie für Sie überraschend oder wurden Sie frühzeitig darüber vom Bastei Verlag informiert?
Hubert
Haensel: Ein frühzeitig in dem Sinne »Jetzt schreibt mal noch fünfzehn Hefte und
dann beenden wir die Serie« wird es wohl nie geben können, dagegen sprechen
schon alle technischen und wirtschaftlichen Abläufe. Wenn die Einstellung – aus
welchen Gründen immer – beschlossen wird, geht es stets schnell.
Ingo Löchel: „DIE ABENTEURER“ waren meines Wissens sehr beliebt bei den Lesern und die Leser nahmen auch regen Anteil an der Serie, was man aus den vielen Briefen, die auf der Leserkontaktseite veröffentlicht wurden, entnehmen kann. Woran lag es also, Ihrer Meinung nach, warum die Serie eingestellt wurde? Lag es allein an den Verkaufszahlen? Oder gab es noch andere verlagsinterne oder verlagspolitische Gründe für die Einstellung der Serie?
Hubert
Haensel: Ich denke, es lag an den Verkaufszahlen. Wir hatten viele treue Leser und
ich freue mich natürlich, wenn selbst heute immer noch von den Abenteurern
gesprochen wird. Manche behaupten, die Serie habe Kultstatus; das freut mich
natürlich umso mehr. Mag sein, dass die Serie in manchen Bereichen zu
anspruchsvoll und speziell war und deshalb nicht die große Masse der Leser
erreicht hat.
Ingo Löchel: Nach der Einstellung der Serie hatten „DIE ABENTEURER“ einen eher unglücklichen Gastauftritt in der Kurz-Serie „DINO LAND“? Wer hatte die Idee dazu? Sollten „DIE ABENTEURER“ durch diesen Gastauftritt im Gedächtnis der Leser bleiben?
Hubert
Haensel: Da ich zu jener Zeit schon mit anderen Projekten befasst war, kann ich
nicht sagen, von wem dieses Crossover ausging und welche Gründe dabei eine
Rolle spielten. Zweifellos war es ein reizvoller Versuch.
Ingo Löchel: Zwischen 1996 und 2000 veröffentlichte der Bastei Verlag fünf Taschenbücher, in denen die Serie „DIE ABENTEURER“ neu aufgelegt wurde.
Waren die neuen Romane im fünften Taschenbuch so auch für die Heftromanserie geplant gewesen oder wurden sie für die Veröffentlichung als Taschenbuch noch einmal überarbeitet und in Bezug auf die Handlung etc. noch einmal abgeändert?
Hubert
Haensel: Die neuen Romane waren so geplant gewesen, für die Heftserie aber nicht
mehr realisiert worden. Insofern wurden die Exposés dafür für den Abschluss der
Taschenbücher herangezogen, das Ganze aber doch etwas anders verarbeitet, als
es wohl im Heft der Fall gewesen wäre.
Ingo Löchel: Als im Zaubermond Verlag die Buchserie zu „DIE ABENTEURER“ erschien, schrieben Sie zusammen mit Robert de Vries nur den ersten Band. Warum schrieben Sie nicht weitere Bände für die Buchserie?
Hubert Haensel: Ursprünglich hatte ich beabsichtigt, mehr zu den Büchern beizusteuern und auch die Koordination zu übernehmen. Das hat sich allerdings schon rechtzeitig als zeitlich unmöglich erwiesen, sodass ich die Konzeption von vornherein anderen übergab.
Zu jener Zeit war ich noch hauptberuflich als
Bankkaufmann tätig, schrieb aber auch schon als Stammautor für die PERRY
RHODAN-Serie. Da musste ich mich wohl oder übel entscheiden und habe mein
»Kind« in bewährte andere Hände gegeben.
Ingo Löchel: Hatten Sie als Erfinder der Serie Einfluss auf den weiteren Handlungsverlauf der Buchserie oder lag dies allein im Ermessen des Zaubermond Verlages und deren Autoren?
Hubert
Haensel: Ich hätte diesen Einfluss nehmen können, aber das war für mich ein
Entweder-Oder. Den Kollegen eine Handlung vorgeben, aber selbst nicht
mitschreiben, kommt für mich nicht infrage. Also ließ ich die Finger ganz aus
dem Spiel. Es war jedoch reizvoll, zu beobachten, wie die Serie weitergeführt
wurde.
Ingo Löchel: Hätte eine Serie wie „DIE ABENTEURER“ heute größere Chancen als in den 1990er Jahren?
Hubert Haensel: Das ist eine sehr gute Frage – ich weiß dennoch keine Antwort darauf. Ich glaube nicht, dass die Chancen heute besser stünden. Wenn, dann wahrscheinlich als einzelne, spannende und in sich abgeschlossene Romane. Es wäre zweifellos reizvoll, das herauszufinden.
Auf jeden Fall bedanke ich mich bei den Verlagen und bei allen Lesern, die den Abenteurern die Treue gehalten habe, sei es schon zu Anfang bei der Heftserie, später bei den Taschenbüchern oder zuletzt bei den neu geschriebenen Buchausgaben des Zaubermond Verlags. Die Abenteurer haben zweifellos das Potenzial, weiterzuleben. Vielleicht ... eines Tages ... wer weiß?
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