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Dienstag, 19. September 2023

Mama?

Gespenster-Krimi Band 112

Mama?

von Michael Blihall

Ich hatte das sinnige Glück, dass man in meinem Städtchen nun doch an einer Verkaufsstelle wieder einen aktuellen Heftroman aus der Reihe „GESPENSTER KRIMI“ ausliegen hatte.

Und da ich nun noch nie etwas vom Autor Michael Blihall gehört, geschweige denn gelesen hatte, griff ich mal recht neugierig zu. 
 
Und dann beginnt der Roman erst einmal ganz klassisch mit einer offenbar alten Hexe und einem ängstlichen wie hilflosen Mädchen mit dem Namen Mariechen (Maria).

Und mit diesem Einstieg hatte ich nicht wirklich das Gefühl gehabt, hier einen völlig neuen Roman in Händen zu halten. 

Aber dies änderte sich dann doch recht flott, als plötzlich die "Geisterjäger" Andreas Brauner und Johanna Schuster mit Headset, EMF-Meter und Nachtsichtgerät im Schloss Spinzenberg in Niederöstereich auf Geisterjagd gehen. Und ja, da passt dann auch das Datum vom 28. Mai 2022 wieder recht gut in die Handlung. 

Und zwischendurch lernen wir auch noch die junge Frau mit Vornamen Lena aus Kreuzbach im Bezirk Hollabrunn im Bett kennen. Allerdings nicht beim Sex, sondern als sie wieder einmal völlig verängstigt die Augen aufschlägt, sich aber nicht bewegen kann. 

Und dann hockt sich wieder einmal bei ihr eine Drud (oder auch Drude) schwer auf ihre Brust in Form einer diabolischen Katze. Und dieses offenbar nicht gerade natürliche Wesen, welches man auch als Druckgeist, Horla oder Nachtalb kennen dürfte, verlangt wie in jeder Nacht davor, das Lena ihr das neugeborenes Baby überlässt. Ansonsten, so warnt sie Lena, werde sie Mutter und Kind töten, wenn sie ihr Baby nicht freiwillig hergibt.

Als Johanna indessen den einige Jahre älteren Andreas mit auf die Geburtstagsfeier ihres Vaters mit nach Kreuzbach nimmt, erfährt dieser, dass es sich hier wohl nicht um eine kleine Feier handeln dürfte, da Johannas Vater auch noch der Bürgermeister dieser kleinen Gemeinde ist.

Und so lernt er im weiteren Verlauf auch nicht nur Johannas sechzehnjährigen Bruder Xandi und deren Eltern Robert und Gabi kennen, sondern auch Lena mit ihrem Baby, sowie auch späterhin die alte Helga Gössl, die man nicht nur allgemein als Hexe in der Gemeinde betitelt, sondern die auch wie eine runzelige Hexe aus einem Märchen aussieht.

Aber Andreas fällt auch das kleine verängstigte Mädchen bei der Gössl auf. Doch noch ahnt er nicht, dass er nur als einziger eben dieses geheimnisvolle Mädchen sehen kann. Und das hat das Mädchen wohl auch mit Felix gemeinsam, den Johanna eher für einen imaginären Freund von Andreas hält, welcher aber durchaus entscheidend einzugreifen versteht.

Doch auch in dieser Nacht lässt das übernatürliche Wesen Lena nicht wirklich zur Ruhe kommen, und da Andreas und Johanna ja angehende Geisterjäger sind, bittet sie die Beiden daher auch um Hilfe. Zwar glaubt Andreas eher das Lena von einer Schlafparalyse geplagt wird, bei der es auch oft zu gruseligen Halluzinationen kommen kann, doch als man sie beim Schlaf über eine Kamera beobachtet, scheint ein finsterer Nebel bei ihr aufzutauchen und sich zu einer bedrohlichen Gestalt zu verdichten, die sich gefährlich auf Lenas Brust hockt.

Es gelingt zwar Andreas, diese seltsame Kreatur in dieser Nacht zu verjagen. Doch als er kurz darauf nachsehen will, ob die alte Gössl etwas damit zu tun haben könnte (falls sie wirklich eine finstere Hexe sein sollte), eskaliert die Situation völlig durch Xandi und einigen weiteren Jugendlichen, welche die alte Gössl nicht nur als vermeindlich böse Hexe nun aus ihrem Haus zerren, sondern sie auch zu Tode prügeln. Auch Andreas bekommt bei dieser Auseinandersetzung so einiges ab, kann aber das schlimmste jedoch eben nicht verhindern.

Doch schon recht bald muss nicht nur die arme Lena feststellen, dass mit dem gewaltsamen Tod der Hexe Gössl die nächtlichen Heimsuchungen durch die finstere Drud nicht aufhören und so kommen auch Andreas und Johanna nun Stück für Stück hinter einige dunkle Geheimnisse in Kreuzbach, die erschütternder nicht sein könnten. Doch kann es ihnen noch gelingen, die Drud aufzuhalten um so Lenas Baby zu schützen?

  • Erschienen am 24. Januar 2023
  • Neuer Roman - Andreas Brauner 2

„Andreas langweilte sich. Früher hatte er sich das Leben als Geisterjäger sehr spannend vorgestellt. Die Realität sah aber ganz anders aus: Stundenlang saß man herum, schlug sich komplette Nächte um die Ohren, und es geschah - nichts!“

(Gespenster-Krimi/Band 112: "Mama?"/Seite 28 - 29)

Man mische Reales mit Geister-Power und bekommt so ganz nebenbei auch noch einen Gruselroman mit einer Menge lustiger Momente geliefert, die einfach Spaß auf mehr machen.

Aber auch sonst wissen die eher ungleichen Helden Andreas und Johanna zu überzeugen. Denn schon Andreas ist alles andere als eine der bekannten wie langsam unglaubwürdigen Heldenfiguren, die man mit sportlich, stark, markantem kantigen Gesicht und blondem Haar sowie unerschütterlicher Moral üblicherweise im Heftroman des Genre so serienmäßig antrifft.

Denn Andreas hat schon eine OP an den Knien hinter sich, trägt Vollbart und ist mit einer recht hübschen, runden Wohlstandsplautze gesegnet. Und so ganz nebenbei ist er auch noch mächtig in die gut zehn Jahre jüngere Johanna verliebt, mit der er auch noch Hauptberuflich in einem recht banalen Job arbeitet. Denn mögliche Geister oder gar Dämonen zu jagen, ist eher für beide noch ein Hobby als eine wirkliche Passion. Aber was tut man eben nicht alles, wenn man mal mit dem Übernatürlichen konfrontiert wurde.

Zwar hat auch Johanna längst ein Auge auf den älteren Andreas geworfen, den sie manchmal so niedlich wie ein "Streifenhörnchen" findet, aber so richtig ran will sie ihn erst einmal noch nicht lassen. Und mal ehrlich, so eine übernatürliche wie bösartige Erscheinung lässt da auch nicht wirklich viel Zeit zum knutschen mit putzigen Fummeleien.

So ganz nebenbei baut der Autor Michael Blihall aber auch schon mal einen kleinen lustigen Seitenhieb hinsichtlich anderer Heftromane des Bastei-Verlag ein, wenn da der Name eines berühnten Geisterjäger mit "Jerry Cotton" statt "John Sinclair" verwechselt wird (Seite 9), oder wenn an anderer Stelle festgestellt wird, dass man hier schließlich noch einen "Gespenster-Krimi" zu lösen hätte (Seite 53).

Alles in allem stimmte bei diesem Roman überraschend die Mischung, und auch die Tatsache, dass hier unser Geisterjäger Andreas zuerst einmal davon ausgeht, dass man es hier eher nicht mit einem übernatürlichen Wesen oder Dämon zu tun hat, sondern mit einer wissenschaftlich erforschten Schlafparalyse und den hierzu möglichen Halluzinationen.

Das macht die Gesamtgeschichte durchaus recht interessant und verpasst dem Ganzen somit auch einen satten Anstrich von Realismus. Ein weiterer Pluspunkt hierbei sind aber eben auch die sehr sympathischen Hauptfiguren Andreas und Johanna selbst.

Aber auch die Action kommt nicht gänzlich zu kurz, was sich hier besonders in der eskalierenden Situation zeigt, in der die jugendlichen Dorfburschen die Hexe nicht nur als okkulte Bedrohung ansehen, sondern sie auch gleich mit brutaler Gewalt zu beseitigen versuchen. Und ein "Held" ist eben auch nicht immer in der Lage, ein eventuell grausames Unrecht noch mal locker abzuwenden.

Auch recht gut gefallen hatte mir, dass in diesem Roman der Autor nicht einfach nur ein übernatürliches Wesen die goldige Idylle eines Dorfes in Niederöstereich stören lässt. Eher stellt er dieses ländlich geprägte und scheinbare Paradies im Grünen auch so hin, dass eine junge Frau auch mal aus purer Langeweile Sex mit einem minderjährigen Lümmel haben kann, der dann - heimlicher Weise - schon gleich auch mal Daddy wird, weil beide Seiten im entscheidenden Augenblick eben nicht aufgepasst hatten.

Weintrauben stampfen und die regelmäßigen Versuche Kühe umzuschupsen, sind eben auch keine stets befriedigenden Aktivitäten, weit weg, hinter den pulsierenden Metropolen des Landes, wo man zur Abwechslung nur auf das nächste Dorffest als Abwechslung warten kann.

Und offensichtlich könnte man sich auch noch auf weitere Abenteuer unserer Geisterjäger Andreas Brauner und Johanna Schuster im „GESPENSTER KRIMI“ freuen, die mir hier schon nach wenigen Seiten wirklich irgendwie ans Herz gewachsen waren.

Denn bereits im „GESPENSTER KRIMI“ Band 104 mit dem Titel "Drudenfüße" hatten sie offenbar bereits ihren ersten Einsatz gegen Poltergeister bzw. einem Succubus, wie ich ebenfalls im Roman kurz informativ lesen durfte.

Nur leider ist mir dieser erste Roman seitens Michael Blihall damals völlig durch die Lappen gegangen, weil in unserer Stadt die Heftromane eben kaum noch wirklich in den Zeitschriftenständern präsent sind.

Zumindest würde ich mich über mehr Lesestoff gerade über dieses  interessante Geisterjäger-Paar sicherlich freuen. Und man merkt auch dem Roman selbst an, dass es dem Autor sichtlichen Spaß macht, seine Figuren gegen übernatürliche Elemente und Kreaturen abseits der oftmals ausgelutschten Monster der Woche, im Genre des Heftroman in Stellung zu bringen.

Mein Fazit:

Im Grunde hat der Roman für jeden etwas dabei gehabt und war zwischen übernatürlichem Schrecken, realistischer Darstellung und wirklich witzigen Dialogen so perfekt ausbalanciert, so das man beim Lesen völlig die Zeit vergisst, weil man mit jeder Seite einfach tiefer in die Handlung eintaucht.

Das Zeitgefühl wird so beim Lesen zu einer recht unbedeutenden Nebensache. Und in dem Punkt kann man hier gleich schon sagen, dass der Autor Michael Blihall alle wichtigen Knöpfe bei mir drücken konnte, die in Sachen Heftroman so zu finden sind.

Im Mittelteil, dem sogenannten „GESPENSTER KRIMI-SPECIAL“ vertieft der Autor dann noch den Inhalt des Roman in Sachen Schlafparalyse und deren Verläufe. Denn offenbar hat auch er schon einmal diese Erfahrung machen dürfen (oder wohl eher müssen) und weiß deshalb, wovon er hier gerade redet (oder schreibt). 

Und Nein, eine Schlafparalyse ist keine Krankheit, sondern sogar wichtig, damit man z.B. in den Traumphasen nicht sinnlos um sich schlägt oder eventuell mit einem Tritt die Ehefrau aus dem Bett kickt.

Gruselig wird es nur, wenn man wach wird, aber die Lähmung der Bewegungsabläufe nicht gleichzeitig aufgehoben wurde. Und wenn in dieser Kurzen Zeit (für den Betroffenen fühlt es sich eventuell wie eine kleine Ewigkeit an) dann auch noch irrationale Halluzinationen  und das Gefühl eines großen Druck auf der Brust auftreten, hat man wohl gleich seinen eigenen ganz persönlichen Horrorfilm im Bett.

Da man mit den wissenschaftlichen Fakten allerdings noch keinen guten Gruselroman hinbekommt, wie der Autor ja auch selber zugibt, muss man hier natürlich zur Freude der Leserschaft etwas in Sachen übernatürlicher Zugaben "auf die Kacke hauen". Und das ist Michael Blihall ja für mich hier in seinem Roman „MAMA?“ durchaus gut gelungen.

Wenn man seitens der Heftromanreihe „GESPENSTER KRIMI“ mehr solcher gut gemachter und wirklich auf der Höhe der Zeit stehende Abenteuer geboten bekommt, statt nur ältere aufgewärmte Geschichten, dann lohnt es sich durchaus, hier eventuell öfter bis regelmäßig zuzugreifen.

Band 112 unter dem schlichten Titel "Mama?" kann ich jedenfalls durchweg als sehr gelungen und absolut lesenswert bezeichnen. Da vergebe ich auch gerne mal ganze fünf von fünf bleiche Schädel als Höchstbewertung.

© by Konrad Wolfram

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