Ingo Löchel: Mit “DER SOHN DES KOMETEN“ gaben Sie 1980 Ihr Mythor-Debüt. Können Sie sich noch daran erinnern, wie Sie zum Mythor-Team gestoßen sind bzw. wie es zu der Mitarbeit an der Fantasy-Serie gekommen ist?
Der Verlag wollte gleich von Anfang den heldenhaften Helden. Ich ließ ihn also seine Vergangenheit vergessen, in der Hoffnung, sie zu einem späteren Zeitpunkt beleben zu können. Mythor hatte auch eine Schwester, Elivara, die ebenfalls halbmenschlich war. Sie sollte den Lockungen der Kräfte in ihr erliegen und Mythors große Gegenspielerin werden, indem sie sich mit den Caer zusammenat und ihre Anführerin wurde. Auf diesem magischen Konflikt wollte ich meinen ersten Zyklus aufbauen.
In Band 1 "ZAUBEREI IN TAINNIA" habe ich versucht, einen Kompromiss zwischen meinen ursprünglichen Ideen und den Auflagen der Redaktion zu finden, aber dieser Mythor war dem Verlag zu jung und zu wenig handlungsdominierend, und zudem die Handlung für einen ersten Band zu wenig dramatisch.
Auch hatte ich mir Tainnia (der Name ist von Britain abgeleitet) als eine Art Ritterkultur der Arthus-Zeit und Mythor dem Aussehen nach als eine Art Prinz Eisenherz vorgestellt. Ich hielt das für einen romantischen Ausgangspunkt, doch dem Verlag schwebte mehr Conanartiges vor.
Ingo Löchel: Nach der “DER MAGISCHE TURM“, Ihrem zweiten Mythor-Roman, legten Sie erst einmal eine längere Mythor-Pause ein. Was war der Grund?
Hubert Straßl: Es stellte sich heraus, dass ich größte Probleme hatte, Heftexposés zu schreiben, was an meiner Art zu schreiben, liegt. Mir kommen nämlich die Detailideen hauptsächlich erst während des Schreibens eines Romans. Es fiel mir schwer, sie mir für die Exposés aus den Fingern zu saugen. Mir hätten diese Exposés gut gepasst, aber die anderen Autoren wollten mehr Fakten und weniger Freiraum haben. So gab es schließlich nach etwa 15 Exposés eine Konferenz, bei der man mich als Exposéautor absetzte
Willi Voltz schrieb schließlich die ersten zwanzig Exposés. Ab 21 übernahm dann Ernst Vlcek. Ich schrieb nochmals einen ersten Band, und dann noch, ich glaube Band 14. Dann zog ich mich etwas desillusioniert aus der Serie zurück. Es schreiben ohnehin genug Autoren daran. Wir hatten auch gerade ein Haus gekauft und waren umgezogen, und ich machte eine Weile mit meiner Frau zusammen Übersetzungen.
Ingo Löchel: 1981 kehrten Sie mit “DIE BARBAREN“ (Band 69) wieder zur Fantasy-Serie zurück. Ab da an schrieben Sie bis Band 139 elf weitere Abenteuer mit dem Barbaren Nottr. Was war der Grund für die Rückkehr zu MYTHOR und warum nahmen Sie gerade den Barbaren Nottr unter Ihre Fittiche?
Hubert Straßl: Ernst Vlcek lockte mich mit einem eigenen Zyklus um Nottr, den Barbaren, wieder in die Serie (ab Band 69), der mit Band 100 mit einem gemeinsamen Roman enden sollte. Das war wirklich eine schöne, vergnügliche Sache, die mir viel Spaß machte. Und Ernsts Exposes waren ja wirklich erste Sahne, muss ich neidlos anerkennen und bewundern. Er ließ mir auch immer Spielraum für eigene Ideen.
Dann kam Alumeddon, der große Schnitt, den der Verlag mehr oder weniger verordnete, um neuen Lesern den Einstieg in die Serie zu ermöglichen, da die Handlung doch sehr komplex geworden war.
Ingo Löchel: Nach dem "FLUCH DER HESTANDE" stiegen Sie 1984 mit dem Band “GEIST DER AEGYR“ endgültig aus der Serie aus. Was war der Grund für den endgültigen Ausstieg aus der Fantasy-Serie?
Hubert Straßl: Warum ich später dann endgültig ausstieg, weiß ich nicht mehr. Wahrscheinlich war mein Interesse geschwunden. Ich weiß auch nicht mehr, wann Ernst Vlcek mit den Exposés aufhörte und Werner Kurt Giesa übernahm. Mit Band 192 stellte die Verlagsleitung die Serie ein.
Ingo Löchel: Wie verlief und klappte die Abstimmung zwischen dem Autor und dem Titelbildzeichner Nikolai Lutohin sowie den Zeichnern für die Innenillustrationen?
Hubert Straßl: Was die Zusammenarbeit angeht, so ist sie bei solch einer Serie ziemlich komplex. Heute wäre es mit den elektronischen Übermittlungsmöglichkeiten wesentlich einfacher. Die Autoren mussten damals oft sechs oder sieben Kohlepapierkopien anfertigten. Korrekturen waren aufwendig, und Teile der Kopien oft nicht lesbar. Sie wurden an die Nachfolgeautoren mit der Post verschickt.
Die Exposéautoren (ein Exposé hatte so um die 15 bis 20 Seiten), erst Voltz, dann Vlcek, dann Giesa, waren für die Datenkoordination verantwortlich. G. M. Schelwokat bearbeitete die Manuskripte. Kurt Bernhard war die Verlagsredaktion, zusammen mit Frau Sybille Illfeld, die sich um Verträge und dergleichen kümmerte. Die Zeichner, etwa Nicolai Lutohin und Franz Berthold, bekamen in der Regel ebenfalls die Exposés, seltener die fertigen Manuskripte. Regelmäßig gab es Konferenzen in München, wo die Handlung diskutiert und Trends festgelegt wurden.
Ingo Löchel: Gibt es ein besonderes Ereignis im Bezug auf Mythor, an das Sie sich heute noch besonders gut erinnern?
Hubert Straßl: Anlässlich einer Besprechung im Juli 1985 wurde von Schelwokat und Giesa ein Handlungsrahmen ab Band 200 ausgearbeitet. Zu diesem Zeitpunkt war die Entscheidung über die Einstellung der Serie in den oberen Verlagsetagen gerade gefällt worden, denn die Nachricht von der Einstellung erreichte die Autoren einen Tag vor dem Rahmenexposé.
Ich habe damals alles unveröffentlichte Mythor-Material mit Erlaubnis des Verlages für Fantasyliebhaber in dem "FOLLOW/EDFC"-Magazin "MAGIRA" in den Nummern 36 und 37 veröffentlicht. Dazu gehörte: Das letzte Manuskript Mythor 193 "NYKERIEN ERWACHT" von Hubert Haensel, der ursprüngliche Band 1 "ZAUBEREI IN TAINNIA" von Hugh Walker, die Exposés von Werner Kurt Giesa 194 bis 199, "MYTHORS WELT" die enzyklopädischen Beiträge 193 bis 197 von Peter Terrid, ein Handlungsabriss der Bände ab 200 von G. M. Schelwokat und W. K. Giesa.
Ingo Löchel: Herr Straßl, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.
Hubert Straßl: Es freut mich, dass das Interesse an MYTHOR noch immer nicht ganz erloschen ist.
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