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Dienstag, 4. Januar 2022

Ein "Mythor"-Interview mit Helmut W. Pesch

Ingo Löchel: Wann und wo wurden Ihre ersten Zeichnungen veröffentlicht?

Helmut Pesch:  In den Zeitschriften "Follow" und "Magira" des Fantasy-Clubs FOLLOW, in den ich Anfang 1969 eintrat. Außerdem habe ich damals noch für ein paar andere Fanzines gezeichnet, unter anderem auch für das amerikanische LOCUS.

Ingo Löchel: Mit dem Heft „“DER SOHN DES KOMETEN““  gaben Sie Ihr Mythor-Debüt als Kartenzeichen. In Band 2 "DIE FLOTTE DER CAER““ folgte ihr Debüt als Mythor-Zeichner. Können Sie sich noch daran erinnern, wie sie zur Serie gestoßen sind?

Helmut Pesch: Hubert Strassl (alias Hugh Walker), der von Anfang an der Serie beteiligt war, ist ein guter Freund von mir, aus alten FOLLOW-Zeiten. Darüber hinaus hatte ich ja bereits an "DRAGON" als Illustrator und Kartenzeichner mitgewirkt, so dass man mich in der Pabel-Redaktion kannte. Es gab auch eine Karte von mir zum ursprünglichen Expose, die in dieser Form nie in der Serie veröffentlicht wurde.

Ingo Löchel: Wie muss man sich die Arbeit als Zeichner an einer Serie wie Mythor vorstellen? Konnte man bei den Innenillustrationen bzw. Kartenzeichner auch eigene Ideen einbringen oder mussten sie sich konsequent an die Handlung und Ideen und Vorschläge der Autoren halten?

Helmut Pesch: Man erhielt als Zeichner das Expose, ebenso wie der Autor, und war ansonsten frei in der Gestaltung der Illustrationen. Die Karten gingen zum großen Teil auf Skizzen von Ernst Vlcek zurück. Die diversen Spiele und Rätsel in den Karten waren alle meine Idee.

Ingo Löchel: Was war Ihre bevorzugte Technik bei der ‚Herstellung‘ der Illustrationen und  der Karten für Mythor? Öl, Blei oder Tusche bzw. Tinte?

Helmut Pesch: Na ja, da es sich um Schwarz-Weiß-Zeichnungen handelte, mit Druck auf schlechtem Papier, haben eigentlich alle Zeichner mit Tusche gearbeitet. Es waren bei den Illustrationen meistens Pinselzeichnungen, wie im Comic, eine Technik, die mir eigentlich nicht so liegt, wobei ich zusätzlich auch Rasterfolien und Deckweiß verwendet habe. Für die Karten habe ich mit allem gezeichnet, was mir unter die Finger kam: Bleistift, Rotring-Tuschefüller für technische Zeichnungen, Filzstift, Fotokopien, Folien; so sind etwa die Karten zu den Reisen des Luftschiffs "Carlumen" mit einem Set von Kalligrafiefüllern entstanden.

Ingo Löchel: Wie lange arbeiteten Sie in der Regel an den vier Zeichnungen pro Heft?

Helmut Pesch: Das weiß ich nicht mehr. Ich schätze mal, drei, vier Stunden pro Zeichnung. Die Karten entstanden meist an einem Wochenende.

Ingo Löchel: Kannten sich die Zeichner untereinander und wurden während der Mythor-Zeit Freundschaften geschlossen?

Helmut Pesch: Über den Verlag kannten sich die Zeichner nicht. Da einige davon aus dem Fandom kamen, kannte ich ein paar davon flüchtig. Wir sind uns aber, soweit ich das überblicke, nie persönlich begegnet.

Ingo Löchel: Gab es ein besonderes Ereignis im Bezug auf Mythor, an das sie sich heute noch besonders gut erinnern?

Helmut Pesch: Nein. Im Gegensatz zu Dragon war ich nie auf einer Redaktionskonferenz und hatte an der Entwicklung der Serie auch wenig Anteil. In einem Fall allerdings (Detailkarte 37 bzw. 42) habe ich eine Karte von mir aus entworfen, und Ernst Vlcek hat danach die Handlung entwickelt.

Ingo Löchel: Mit Band 36 „“DIE INSEL DER VERFEMTEN““ stiegen sie schon frühzeitig als Innenillustrator wieder aus der Serie aus. Der Ausstieg als Kartenzeichner folgte mit dem Mythor-Heft # 159 „“BRUDER DER WÖLFE“. Was waren der Gründe dafür?

Helmut Pesch: Ich war damals Wiss. Mitarbeiter an der Uni, da war für solche Hobbys oder Nebenbeschäftigungen wenig Zeit. Da habe ich mich lieber auf die Karten konzentriert. Dass ich als Kartenzeichner aufhörte, lag daran, dass ich bei Bastei als Romanredakteur anfing und damit schlecht für die unmittelbare Konkurrenz arbeiten konnte.

Damals war dieser Gedanke im Romanheftbereich sehr viel ausgeprägter als heute. Außerdem wollte ich mich auf den neuen Job konzentrieren. Dass es genau 100 Mythor-Karten wurden, war mehr oder weniger Zufall, auch wenn's ein guter Zeitpunkt für den Ausstieg war.

Ingo Löchel: Was machten Sie nach Mythor?

Helmut Pesch: Ich wurde Redakteur bei Bastei und wechselte dann nach zweieinhalb Jahren in den Buchbereich. Seitdem bin ich hauptberuflich Lektor in der Verlagsgruppe Lübbe und auch als Übersetzer und Autor tätig. Näheres ist auf meiner Website www.helmutwpesch.de zu erfahren.

Zaubersiegel: Sind Sie immer noch als Zeichner tätig? Was sind Ihre derzeitigen Projekte?

Helmut Pesch: Ich habe sporadisch immer wieder Landkarten gezeichnet, unter anderem für die Romane von David Eddings und Diana L. Paxson.

In jüngerer Zeit Jahr bin ich wieder für den Fantasy-Bereich bei Lübbe mitverantwortlich und habe verstärkt auch wieder Karten für Fantasy-Romane entworfen, etwa für Titel von Kai Meyer, Ian Irvine und Julian May, aber auch für historische Romane wie den neuen Roman von Rebecca Gablé, "Hiobs Brüder".

Allerdings arbeite ich schon seit einiger Zeit vorwiegend am Bildschirm. An Illustrationen habe ich seitdem eher wenig gemacht - auch weil ich andere Dinge, glaube ich, besser kann.

Ingo Löchel: Was ist aus den Originalkarten für Mythor geworden?

Helmut Pesch: Etwa drei Viertel von den Originalen sind noch erhalten und gehören inzwischen Kai Meyer, der ein großer Mythor-Fan war und ist. Ich habe mir Scans zurückbehalten und werde sie irgendwann einmal alle auf meiner Webseite veröffentlichen.

Ingo Löchel: Herr Pesch, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

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