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Samstag, 16. Oktober 2021

Zum 20. Todestag - Westernautor U. H. Wilken

Uwe Hans Wilken wurde  am 22. Januar 1937 in Hamburg geboren. Nach einer Lehre als Spediteur volontierte Wilken bei einer Hamburger Morgenzeitung und lernte dort die Praxis des Schreibens kennen. 

Nach einiger Zeit  fühlte sich Wilken jedoch in der Redaktion der Zeitung nicht mehr wohl  und  wechselte für sechs Jahre als Magazinverwalter zur Lufthansa. 

Danach entschloss er sich Berufssoldat bei der Luftwaffe der Bundeswehr zu werden und landete schließlich 1963 beim Heer. 

"Western zu schreiben, das war für mich von Anfang an ein heißgeliebtes Hobby. Während der Zeit bei der Luftwaffe gab es abends und am Wochenende die große Langeweile, die ich aber mit Westemschreiben nutzte. Das war der Beginn des eigentlichen Erfolges." (1)

Laut Hamburger Abendblatt veröffentlichte Wilken mit 19 Jahren seinen ersten Western-Roman.

Ab Mitte der 1950er Jahre begann Uwe Hans Wilken nebenberuflich für den Leihbuchverlag Paul Feldmann Western zu schreiben. Der erste Western für den PAUL FELDMANN VERLAG war vermutlich der Roman "AM ENDE ALLER FÄHRTEN", der 1956 erschien.

Es folgten aber auch Werke wie "DIE BITTEREN STUNDEN", "REVOLVERRUHM", "ER GAB SEIN WORT" oder "DIE HARTEN MÄNNER", die der Autor für die Leihbuchverlage Astoria und Bach in Düsseldorf sowie für den Luro-Verlag in Köln schrieb, die ebenfalls alle unter seinem Realnamen U. H. Wilken veröffentlicht wurden.

Durch seine farbige, lebendige und bildhafte Sprache in seinen Romanen  fand der Autor schnell ein Publikum, dass seine Werke liebte und zu schätzen wusste. 

Und als U. H. Wilken, der Berufssoldat, merkte, dass er mit seinen Western zunehmend Erfolg hatte, kündigte er das Dienstverhältnis bei der Bundeswehr und machte die Schreiberei zu seinem neuen Beruf. 

"Schon beim Schreiben begegne ich einer Vielzahl von Charakteren, ob nun aus der Geschichte oder der Fantasie. Was mich am Thema interessiert, ist das Thema selbst. 

Ich kann über alles schreiben - über Bürger in Towns und Städten, über Schienen- und Satteltramps, über Schwarze, Weiße, Indianer, Mexikaner und Chinesen, über Iren, Engländer, Polen, Franzosen und Deutsche. 

Und über arme Schlucker, Cowboys, Miner, Soldaten, Rancher, Farmer, Bootsmänner, Flußpiraten, Spieler, Revolvermänner, Waffen-und Wagenschmiede, Kaufleute, Dirnen, etc." (2)

Das hieß aber auch, dass Wilken sehr fleißig sein musste, um vom Schreiben leben zu können. In der Hochphase seiner Schaffenszeit schrieb der Autor vier bis fünf Romane wöchentlich, arbeitete für Leihbuchverlage und schrieb Taschenbücher sowie Romanhefte für diverse Verlage.

Neben Western veröffentlichte U. H. Wilken Ende der 1960er Jahre auch Kriminalromane. So erschienen Ende der 1960er Jahre unter dem Pseudonym LES WILLCOX die Romane "MÖRDER IM MINI-ROCK" (September 1968), "HIPPIE-KILLER" (November 1968) sowie "TATORT EL PASO: HEISSER SOMMER – KALTER MORD" (Januar 1969) im Paul Feldmann Verlag. 

"Was mich zwischendurch Kriminalromane schreiben ließ, war die großartige Zeit der Flower-Power-Bewegung, die Hippie-Zeit, das blumige San Francisco. Keine andere Zeit hat mich so sehr bewegt, berührt und begeistert. Ich war mit dieser Bewegung zutiefst verbunden. Aber diese Zeit ging vorüber - und ich schrieb weiter Western." (3)

Anfang 1968 zeigte die Produktionsfirma  Parnass Film GmbH, die unter anderem auch die "KOMMISSAR X"- Filme in den 1960er Jahren produziert hatte, ein  besonderes Interesse an der Verfilmung der beiden Kriminal-Romane " HEISSER SOMMER – KALTER MORD" sowie "MÖRDER IM MINI-ROCK". 

Nach umfangreichen Schriftverkehr und Verhandlungen, die sich bis Mitte 1968 hinzogen, kam aber am 29. Juni 1968 seitens der Parnass Film GmbH die Absage zum geplanten Filmprojekt.

"Die Absage erfolgte ganz einfach aus dem Grund, daß z.Zt. zu viele dieser Themen auf den Markt gebracht und verfilmt wurden. Im Moment laufen mehr als 6 Filme dieser Art, abgesehen von den anderen, die sich noch in Produktion befinden.

Es tut mir leid, Ihnen diese Nachricht geben zu müssen. Es läßt sich jedoch nichts ändern, wenigstens vorläufig nicht. Nun, vielleicht bietet sich mal eine andere Gelegenheit zu einer Zusammenarbeit." (4)

Anfang der 1970er Jahre wollte Radio Bremen U. H. Wilken zudem dafür gewinnen, einen "Tatort " zu schreiben. Es gab viele Gespräche,  Treffen usw. 

Das Projekt wurde aber letztendlich nicht zu Ende geführt, da der Autor durch seine enorme Romanproduktion ausgebucht war und keine Zeit dafür hatte. 

Von Jugend an war Uwe Hans Wilken zudem ein begeisterter Cineast und schaute sich in jüngeren Jahren manchmal drei  Kinofilme hintereinander an. Kaum jemand war vermutlich mit den Filmen von John Ford, Fred Zinnemann usw. so intensiv vertraut wie er.  

Wilken besaß zudem unglaubliche Detailkenntnisse, was den Drehprozess, die Arbeit der Schauspieler, Regisseure, Cutter usw. oder auch das Handwerk des Drehbuchschreibens anging.  

Ab Anfang der 1960er konzentrierte sich Wilkens Arbeit auch vermehrt auf den Heftromansektor. Und so erschienen seine Romane in Serien wie "WESTMANN" und "WESTERN MUSTANG" (Marken Verlag) "MOEWIG WESTERN", "MARSHAL WESTERN" und "ARIZONA STAR" (Moewig Verlag),  "WILDWEST ROMAN", "WESTERN HIT" (Bastei Verlag) „SILBER WESTERN“, „WESTERN GUN“, "WESTERN KING" (Zauberkreis Verlag) sowie "PABEL WESTERN" und "STAR WESTERN" (Pabel Verlag), in denen auch eine Vielzahl seiner Leihbücher in gekürzter und überarbeiteter Form neu aufgelegt wurden. 

In den 1970er Jahren schrieb er unter anderem unter dem Pseudonym LES WILLCOX auch vier Hefte für die kurzlebige Western-Horror-Serie "GEISTER WESTERN" des Bastei Verlages und veröffentlichte auch Western im Leihbuchverlag Rekord.

Anfang der 1970er wurde Wilken von Zeitungen wie "Das Hamburger Abendblatt" und der "WAZ" (der "Westdeutschen Allgemeinen Zeitung") als zweiter Karl May gehandelt.

Für den Zauberkreis Verlag kreierte U. H. Wilken Ende der 1970er Jahre die Serie "DAN OAKLAND STORY", die es zwischen 1978 und 1979 auf insgesamt 82 Hefte brachte. 

In dieser Serie brandmarkte der Autor  nicht nur das schändliche Treiben der Weißen an der indianischen Urbevölkerung, sondern auch die negative Rolle, die die US-Kavallerie bei der Unterdrückung der Indianer spielte.

In der Pabel-Western-Serie "MARSHAL WESTERN", erschienen zudem 32 Romane mit Wilkens interessanter Serienfigur‘" ZURDO", der durchaus Ähnlichkeiten mit Zorro aufweist.

Hervorzuheben sind auch Wilkens "CHEYENNE"-Romane, die zu seinen besten Werken zählen.

Cheyenne ist ein einsamer Kämpfer für die Schwachen und Unterdrückten, der fast immer auf sich allein gestellt ist und dennoch siegt. 

Seine interessanten Abenteuer haben es aber leider nie geschafft, in einer eigenen Serie veröffentlicht zu werden. Dafür wurden Wilkens Cheyenne-Romane in diversen Western-Serien sämtlicher einschlägiger Verlage veröffentlicht.

Es gibt sogar Leser und Sammler, die nach wie vor behaupten, dass U. H. Wilken mit den Cheyenne-Romanen deutsche Western-Geschichte geschrieben habe. Und diese Behauptung hat ihre Gründe, die vor allem in den qualitativ hochwertig geschriebenen Romanen Wilkens zu suchen und zu finden sind. 

Da geschichtliche Fakten und nicht ausufernde Fantasien seine Romane bestimmten, recherchierte Uwe Hans Wilken für seine Werke auch  vor Ort in den USA. So hielt sich der Autor vier Monate in Fort Bliss/Texas auf und reiste von dort nach Mexiko und durch die Südstaaten der USA.

"In diesem grandiosen Land hat der Weiße zu sehr unter den Ureinwohnern gewütet - und auch heute noch drückt er allen Andersdenkenden und Andersaussehenden seinen Stempel auf. Das 'weiße' Amerika ist schlichtweg brutal, ganz besonders unrühmlich Texas und seine Texaner. Aber auch Alabama, Missouri und die Rundumstaaten sind da keinen Deut besser." (5)

Zudem trug Wilken umfangreiches Quellenmaterial zusammen, um die geographischen und die geschichtlichen Hintergründe des Wilden Westens so genau wie möglich beschreiben zu können. 

Im Gegensatz zu Deutschland waren die Akademikerkreise in den USA in Bezug auf das Medium Heftroman nicht so zugeknüft. Das beweist ein längerer Brief aus den 1970er Jahren, den U. H. Wilken von einer Amerikanistik-Professorin der Universität Wisconsin in Connecticut erhielt.

Darin bat die Professorin den Autor Wilken unter anderem  um  Erlaubnis, in einem Studienlehrbuch  einige Romankapitel aus "DAN OAKLAND" mit Übersetzung abdrucken zu dürfen.  

Denn die Professorin bewunderte die tiefe Kenntnis der Menschen und der Natur der historischen USA, die der Autor in seinen  "DAN OAKLAND"-Romanen gezeigt hatte.  

In den 1980er Jahren schrieb U. H. unter anderem unter dem Pseudonym COLIN SCOPE an der Western Serie "BRONSON" des Marken Verlages mit. 

Da sich U. H. Wilken aber mit der Zeit von den Verlagen ausgebeutet fühlte, trat er in den Schreibstreik und zog sich Anfang der 1990er Jahre nach Spanien zurück.

"In den letzten Jahren verlor ich nicht .die Freude am Schreiben, wohl aber die Bereitschaft, mich ausbeuten zu lassen. Denn Romanhefte werden miserabel honoriert. Die ganze Sorgfalt und Arbeit, die ich in einen Roman, und sei's auch nur ein Western, hineinstecke, wird honorarmäßig mißachtet. 

Das ist nicht nur bei mir so. Dennoch ist hier Ausbeuterei im Gange. Autoren werden hingehalten. Noch niemals wurde z.B. ein Romanheft im Verkaufspreis um nur 10 Pf. angehoben, um dem Autor ein besseres, sprich angemessenes Honorar zu zahlen. Im Gegenteil - mir sind Fälle bekannt, wo Verlage versuchten, noch .weniger Honorar an meine Kollegen zu zahlen." (6)

Ab Ende der 1990er Jahre hatte sich U. H. Wilken in der Altstadt von Fes, der drittgrößten Stadt Marokkos eine Wohnung gemietet. Er genoss jeden Tag und ging zudem jeden Morgen in aller Frühe im Meer schwimmen. 

Beim Klettern verletzte  sich der Autor jedoch an den harten Sträuchern, kümmerte sich aber nicht um die Wunde. 

Einige Wochen später, als sich U. H. Wilken gerade in Hamburg aufhielt, erkrankte er an einem unbekannten Virus, den er sich durch diese Verletzung zugezogen hatte. 

Uwe Hans Wilken verstarb am 16. Oktober 2001 an dieser Virus-Erkrankung, da die Ärzte ihm nicht mehr helfen konnten. Auf seinen ausdrücklichen Wunsch wurde der Autor anonym auf dem Friedhof Hamburg-Ohlsdorf begraben.

"Er war auf seine Art ein James Agee des historischen amerikanischen Romans, der sich für das Leben der normalen Leute interessierte, aus deren Mitte die Helden hervorgingen. Genauso wie ihn an den sogenannten Indianern eigentlich nicht wirklich der heldenhafte "Winnetou-Aspekt" interessierte, sondern der natürliche Adel dieser wahren Amerikaner, denen die Weissen das Land geraubt hatten. 

Er (wie auch seine einsamen Helden: Dan Oakland, Cheyenne usw.) sympathisierte immer mit den Enteigneten, den ihrer Identität und ihres Landes Beraubten, zumindest soweit es sich im Rahmen eines vorgeblichen "Trivialromans" und einem entsprechenden Lektorat machen ließ." (7)

U. H. Wilken stand seinen deutschen Westernkollegen und manch deutscher Westernserie zeitlebens eher skeptisch gegenüber, weil es seiner Meinung nach dem deutschen Western  an Atmosphäre mangelte.

"Deutsche Kollegen habe ich früher mal querbeet. Mit keinem habe ich mich aufgehalten. Ich kann also nicht sagen, wen ich für besonders gut halte. Ist da nicht auch ein Unterschied zwischen wirklichem Können und Verkaufserfolg? Heute zählt nur der Absatz - und wenn es von einem Analphabeten geschrieben ist. Ein plattes Deutsch. Nur Text. Keine Atmosphäre. 

Ich glaube auch, daß es dem deutschen Western an Atmosphäre mangelt, einem mehr, einem weniger. Aber es ist müßig, darüber nachzudenken. So erfüllen auch Pseudo-Western wie etwa Lassiter ihren Zweck - nur: Western sind das nicht." (8)

© by Ingo Löchel

  1. U. H. Wilken
  2. U. H. Wilken
  3. U. H. Wilken
  4. Schreiben der Parnass Film GmbH vom 29. Juni 1968
  5. U. H. Wilken
  6. U. H. Wilken
  7. Detlef Wilken
  8. U. H. Wilken


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