Gespenster-Krimi 186
Der Unhold von Rosethorne Hall
von Camilla
Brandner
England 1920 bei den Hügeln von North Wessex Downs: William Bedford, den man verallgemeinert auch einfach Willie den Schnorrer nennt, ist eigentlich ein typischer Landstreicher der hier gerade in einen heftigen Regen gekommen ist.
Deshalb steht er nun vor der Frage, was er machen soll. Denn geht er weiter ins Dorf St. Ethelreds Green, würde er in dem Wetter bis auf die Knochen durchnässt werden.
Oder geht er den wesentlich kürzeren Weg ins seit
vielen Jahren leerstehende Herrenhaus Rosethorne Hall, wo man vielleicht noch
einen gut gefüllten alten Weinkeller finden könnte?
Allerdings
hatten andere Landstreicher, die durch diese Gegend kamen, ihn genau vor
Rosethorne Hall gewarnt. Denn wer sich in der Nacht diesem verfluchten Haus
genähert hatte, den hatte man meist am nächsten Tag als kalten Leichnam
aufgefunden, an dessen toten Körper sich bereits Raben und Krähen gütlich getan
hatten.
Die
Hoffnung auf einen trocken Platz um zu übernachten und eventuell einigen vollen
wie gut gereiften Weinflaschen ließen Willie aber schnell jegliche gut
gemeinten Ratschläge in den Wind schlagen. Wäre da nicht plötzlich diese
hässliche Katze mit rotem Fell gewesen, die ihn beobachtet. Und Willie mag
keine Tiere.
Das
dieses besondere Exemplar sich jedoch in eine gewaltige dreiköpfige mit
schwarzen Schwingen bewehrte dämonische Schimäre verwandelt, dürfte ihn kurz
vor seinem grausamen Tod wohl noch in beträchtliche Panik versetzt haben.
Als
man später seine Leiche fand, setzte man Willies Überreste auf einem besonderen
Friedhof der Namenlosen bei, dessen Erde nicht geweiht ist. Und genau dieser
Umstand könnte einmal dafür sorgen, dass das Böse aus Rosethorne Hall bis ins
Dorf St. Ethelsreds Green kommen könnte um eine tödliche Ernte einfahren zu
können.
Hierzu hat der Anwohner Old Sam Horton jedoch bereits eine seltsame Vision über einen Diakon mit Namen Seth Jarvays, der nicht nur ein christliches Reliquie der heiligen Sankt Audrey wieder finden würde, sondern auch den Friedhof der Namenlosen endlich segnen würde.
Und
ja, diesen Seth Jarvays gibt es wirklich und er arbeitet mit Dr. Albin Porteous
im „Royal College of Arts and Science“ bereits wissenschaftlich hinsichtlich
eines kleineren Marmorsarg der betreffenden Heiligen Sankt Audrey, dessen
sonderbarer Inhalt wundersame Dinge tun können soll.
Aber
genau diese Reliquie gilt seit den Wirren der blutigen Kämpfe zwischen den
Protestanten und den Katholiken in England als verschwunden.
Doch
dann bekommt Jarvays plötzlich in seinen Träumen seltsame Visionen über einen
Teufelsjünger namens Father Malachi sowie von Lord Fairfax von Rosethorne Hall,
aber auch einigen dämonischen Kreaturen, von denen er bereits in den alten
Schriftstücken gelesen hatte.
Kann
es ihm aber mit der Hilfe von Dr. Porteous in St. Ethelreds Green noch gelingen,
den dunklen Totenacker zu segnen und das Böse damit zurück in die Hölle zu
schicken, oder wird der Geist von Father Malachi mit dem Dämon vorher das
unaussprechliche Grauen entfachen können?
- Erstveröffentlichung: 22. November 2025
- Autor: Camilla Brandner
-
Ein
neuer Einzelroman
„Wenn ein Schwarm von Raben und Krähen krächzend aufflatterte und sich dann wieder senkte, dann bedeutete das ein Aas. Oder einen menschlichen Leichnam.“ (Gespenster-Krimi/Band 186, "Der Unhold von Rosethorne Hall"/Seite 5)
Zuerst sei hier gesagt, dass ich sowohl die Form als auch
die Art, wie hier die Autorin Camilla Brandner schreibt, sehr zu schätzen weiß.
Und auch in Sachen düsterem Aufbau und Spannung weiß sie zu Beginn, quasi im
ersten Drittel, hier alles richtig zu machen.
Besonders das Auftauchen der hässlichen Katze, die sich
in eine grausame, mordende Schimäre verwandelt, als hätte man hier eine
dämonische Kreatur aus der Offenbarung der Bibel vor sich, konnte absolut die
Spannung nach oben treiben.
Allerdings geht gefühlt eine Menge Zeit bei diversen
Visionen und Träumen, aber auch den Recherchen seitens Seth Jarvays drauf,
bevor es dann endlich wirklich in Richtung des Dorfes St. Ethelreds Green geht.
Und dann passiert leider folgendes, denn Seth Jarvays
kam, sah und siegte ohne dass das Böse ihm wirklich größere Probleme bereitet
hätte, außer in der Form, das es eher abseits in einem drohenden Unwetter am
Rande agierte. Und auch der Geist der heiligen Sankt Audrey taucht hierbei auf
und leitet Jarvays Handlungen in absolut sicheren Bahnen.
Dabei geht dann aber leider in Sachen Spannung eine Menge
verloren, denn zumindest sollte der Anschein bis ins Finale hinein gewahrt
bleiben, dass das Böse eine reale Gefahr darstellt.
Tut es aber nicht, denn die dämonische Schimäre agiert
nicht mehr wirklich in der Handlung und auch Father Malachi, der sich als
katholischer Priester ehemals dem absolut Bösen zugewandt hatte, bekommt man
als Leser nur aus den historischen Schriften wirklich präsentiert.
Besonders im letzten Drittel hätte ich mir daher ein
wenig mehr an gefährlichen Hindernissen und Attacken des Bösen erhofft, um die
Spannung und die düstere Atmosphäre aufrecht zu erhalten.
Eine bildlich ausgesprochene "Rutschbahn ins
Glück" für den vermeintlichen Helden bietet dagegen ehrlich gesagt nur
noch wenig an Spannung und Atmosphäre, die ja vorher doch so gut aufgebaut
wurde.
Indem man das Böse quasi also ab der Hälfte des Roman wie
die zwei zynischen alten Männer am Rande der Muppet Show agieren lässt, hält
man halt keine Spannung in einem Grusel- bzw. Horrorroman aufrecht.
Und genau daran muss die Autorin Camilla Brandner noch
etwas feilen, dann wird so ein Roman auch ein absolut ansprechendes Gesamtwerk
in Sachen Spannung und Gänsehaut.
© by Konrad Wolfram

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