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Donnerstag, 8. Mai 2025

Ferryman

Ferryman

von Justin Cronin

Auf den in einem unbekannten Ozean liegenden Inseln von Prospera lebt und arbeitet der “Fährmann” Proctor Bennet mit seiner Frau Elise.

Bennet ist dafür verantwortlich, dass die Prosperaner nach  einem vollendeten Lebenszyklus zur Nachbarinsel gebracht werden.

Dort befindet sich die geheimnisumwobene “Nursery“, wo die Bewohner rebootet werden, um dann einen neuen Lebenszyklus zu beginnen.

Als er eines Tages seinen eigenen Erzieher (die Prosperaner haben keine leiblichen Kinder) zur Fähre begleiten muss...

...widersetzt dieser sich und es kommt zu einem Tumult, nach dem Bennet das System zu hinterfragen und einer kryptischen Äußerung seines Erziehers auf den Grund zu gehen beginnt, die den Schlüssel zu einem großen Geheimnis darstellt.

  • 2023 im Goldmann Verlag erschienen
  • (Original: “The Ferryman”)
  • 713 Seiten, Hardcover

Nach seiner fulminanten Passage-Trilogie gelingt es dem Autor Justin Cronin mit seinem aktuellen Roman zwar, die hohen Erwartungen an sein neues Projekt zu erfüllen, allerdings erfordert es schon ein gewisses Maß an Geduld, bis man als Leser weiß oder auch nur ahnt, worauf die anfangs etwas verworrene Geschichte hinausläuft.

Dabei resultiert der durchaus beachtliche Sog und die Spannung in der ersten Hälfte vor allem aus einer Reihe von Rätseln, die aber erst am Ende gelöst werden. Zunächst wäre da natürlich die Frage, was es mit den mysteriösen drei Inseln auf sich hat und wo diese sich befinden.

Zum einen die Hauptinsel, auf der die Prosperaner wie in einem (allerdings isolierten) Paradies leben, dann der Annex, eine kleine Insel nur für das Personal, und die Nursery.

Dies ist die wohl rätselhafteste und interessanteste Insel, da es hier zum reboot der Bewohner kommt, wenn sich deren Zyklus erschöpft oder - was später klar wird - sie aus diversen Gründen erneuert werden müssen, weil sie etwa krank sind oder wie im Fall von Bennet selbst, angefangen haben, herumzuschnüffeln.

Als Bennet (aus dem genannten Grund) schließlich selbst dort landet, beginnt für ihn eine Odyssee, in deren Verlauf er zunächst nicht schlauer und die Zusammenhänge nicht verständlicher werden, aber immerhin beendet der Autor hier die Einführungsphase, in der es noch recht ruhig und gemächlich zugeht.

Die Handlung wird vielschichtiger, spannender und beginnt einen Sog zu entwickeln, dem man sich bis zum Ende nicht mehr entziehen kann.

Was die Lösung des Ganzen betrifft, kommen schon früh Vermutungen auf, wobei es hier einige Hinweise gibt, die den Leser auf eine falsche Fährte locken.

So könnte man etwa glauben, dass es dem mysteriösen Erschaffer darum geht, die Ausmaße der Population zu kontrollieren, da ein Leben außerhalb der Insel offenbar nicht oder nicht mehr möglich ist. Auch scheinen die Bewohner in der Nursersy geklont zu werden.

Die tatsächliche Lösung geht dann allerdings in eine völlig andere Richtung, womit eigentlich auch das Genre auf einmal ein ganz anderes ist, jedoch ist diese Lösung dann schon ziemlich fantastisch und erscheint im Zusammenhang mit allen im Verlauf der Handlung gestreuten Hinweisen logisch und glaubwürdig.

Wer nach der epischen Passage - Trilogie ein ähnlich komplexes Werk erwartet hat, der wird vielleicht enttäuscht, allerdings gelingt es dem Autor, eine ebenso epische Geschichte zu präsentieren, wenn diese auch weniger Seiten beansprucht.

Dabei ist es vor allem die Idee, den Leser und die Hauptfigur bis zum Schluss auf demselben Wissensstand zu lassen, welche die Spannung ausmacht. Wenn es auch ein paar Längen und ein paar verwirrende Szenen gibt, so kann das fulminante und überraschende Ende diese Schwächen mühelos kompensieren.

   © by Stefan Robijn

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