Dorian Hunter 102
Der steinerne Gott
von Ernst Vlcek
Hunter und Unga sind in Island angekommen und machen sich auf den Weg zum Treffpunkt mit Magnus Gunnarsson.
Da ihr Fahrer unter einem
dämonischen Einfluss steht, kommt es zu einem Unfall, aber Gunnarsson findet
sie und fährt mit ihnen zum Zielort.
Begleitet wird er von ein paar künstlich erschaffenen Menschen, die noch aus der Kolonie stammen.
Das führt zu einigen Fragen, und Gunnarsson erklärt sich bereit, nun alle Karten offen auf den Tisch zu legen.
So berichtet er, dass er auf der Suche nach einem
verborgenen, einer Sage entsprungenen Tal den Tempel des Hermes und einige
seiner Hinterlassenschaften fand, deren magischen Kräfte er anzuwenden lernte.
Da Hermes ihn gewähren ließ, betrachtete er die Funde als
sein Vermächtnis, wagte es aber noch nicht, den Tempel zu betreten. Erst jetzt,
da es zwei weitere Auserwählte gibt, glaubt er, dass es an der Zeit für eine
Entscheidung ist.
Die drei Anwärter erreichen den Tempel und müssen dort
diverse Prüfungen bestehen, worauf Hunter im Inneren zunächst seinem
Doppelgänger und schließlich Grettir, dem Hüter der Macht des Hermes
Trismegistos begegnet, der wie seine Vorgänger auf einen würdigen Nachfolger
wartet.
Als Hunter klar wird, dass diese Macht bedeutet, eine
Ewigkeit im Tempel gefangen zu sein, während sein Doppelgänger ihn vertritt,
lehnt er das Erbe ab und will es an Gunnarsson übergeben, der es zwar annimmt,
aber auch den Ys - Spiegel fordert, was Hunters Tod zur Folge haben könnte.
Als er ihn dennoch übergibt, wird Gunnarsson von der
geballten Macht des Spiegels getötet. Hunter schlägt Unga als Erben vor, dieser
hat den Tempel jedoch längst verlassen und Hunter für das Amt vorgeschlagen.
Coco erreicht derweil das Gehöft Gunnarssons, wo sie auf
Don Chapman und Dula trifft, die sich hier niedergelassen haben. Auch Hunters
Doppelgänger taucht dort auf und gibt sich als Dämonenkiller aus. Anhand des
fehlenden Hexenmals erkennt Coco aber schließlich, dass sie es nicht mit dem
echten Hunter zu tun hat und ersticht den Doppelgänger.
Grettir zeigt dem echten Hunter die Tat und lässt ihn in
dem Glauben, dass Coco ihn getötet hat. Er erklärt ihm noch, dass Unga ab
sofort als sein Diener und verlängerter Arm fungiert, dann zieht er sich
zurück.
Hunter nimmt den Spiegel wieder an sich und kann damit
Kontakt zur Außenwelt aufnehmen, allerdings ist dieser zeitversetzt, was die
rätselhaften Anrufe aus der Zukunft erklärt. Hunter wird klar, dass er erreicht
hat, was er wollte: Er ist der Erbe des Hermes Trismegistos.
- Erschienen am 26. Juli 2022
- Erstveröffentlichung am 13. Juli 1976 als „Dämonenkiller Band 99“
-
Titelbild:
Mark Freier
Mit diesem Band endet nun also der Zyklus um Hermes
Trismegistos, der mit Band 79 begann und somit den bislang umfangreichsten
Zyklus darstellt. Selbst, wenn man jene Romane, die entweder gar keinen oder
nur einen geringen Bezug zu diesem Thema hatten, außeracht lässt, bleibt unterm
Strich doch ein recht gewaltiges Konstrukt, welches zwar mit diesem Band zu
einem konsequenten und durchaus annehmbaren Ende gebracht wird, sich vom
Handlungsverlauf her aber insgesamt nicht immer als stimmig und homogen
erwiesen hat.
Da wäre etwa die Frage nach dem Sinn der Mumienhatz und
dem unmittelbaren Eingreifen des Hermes in das Geschehen zu Anfang des Zyklus,
wenn man es im Kontext mit den hier gemachten Aussagen über das Amt der “Erben
der Macht” sieht, welche diesen Posten schon seit Ewigkeiten bekleiden.
Zwar widerspricht das den diversen Auftritten und
Botschaften des Hermes nicht unbedingt, es beschleicht einen aber doch der
Verdacht, dass die Lösung mit den einsam im Tempel agierenden Vertretern der
Macht nicht von Anfang an geplant war.
Oder die Tatsache, dass der ganze Wettstreit um das Erbe
des Hermes zunächst einmal nur auf den Spekulationen Gunnarssons beruht, der
wiederum nach den Aussagen Grettirs im Grunde auch einfach in den Tempel hätte
spazieren und die Prüfungen ablegen können, wie seine Vorgänger, anstatt ewig
lange auf zwei Kontrahenten zu warten.
Dass man hier die künstlichen Menschen wieder aufwärmt,
ergibt im Grunde auch keinen rechten Sinn. Streng genommen dienen sie dem Autor
nur als Kanonenfutter im Tempel, damit die Prüfungen nicht allzu ungefährlich
erscheinen. Fast könnte man vermuten, dass Vlcek das Thema mit den Kolonisten
hier nochmal aufgreifen wollte, nachdem ihm klar wurde, dass er diesen
großangelegten Plan Gunnarssons völlig unter den Tisch hatte fallen lassen.
Überhaupt hat man hier des öfteren den Eindruck, dass
doch so einiges im Nachhinein konstruiert werden musste, um wirklich alle
Rätsel zu lösen und alle Fragen zu beantworten. So auch das Rätsel um die
Prophezeiung Phillips und des Faustus - Geistes, dass Coco Hunter tötet.
Dass es in diesem Roman dazu kommen muss, wird wohl selbst der unaufmerksamste Leser spätestens erkannt haben, als Hunters Doppelgänger vor den Toren des Gehöfts auftaucht.
Dass Coco dann nicht imstande ist, den Doppelgänger
sofort zu entlarven, obwohl dieser sich recht auffällig und selbst für die
Verhältnisse eines Dämonenkillers rücksichtslos und brutal verhält, ist eine
Sache.
Dass sie ihn dann aber sofort eiskalt ersticht, ihn
regelrecht abschlachtet, statt ihn zur Rede zu stellen, scheint hier einzig und
allein dem Umstand geschuldet, die Prophezeiung erfüllen zu müssen, die nun mal
besagt, dass sie Hunter tötet. Mit der korrekten Darstellung der Figur Coco
Zamis hat das allerdings nicht mehr sehr viel zu tun.
Immerhin wird das Duell zwischen Hunter und Gunnarsson
recht spannend geschildert, auch wenn man natürlich längst ahnt, dass der
Isländer diesen Zyklus nicht überleben wird. Dass sich hingegen sein
geheimnisvolles Getue letztlich als reine Maskerade und er selbst sich als
skrupellos und machtgeil herausstellt, überrascht den Leser dann nicht weiter,
da man das schließlich auch von anderen Figuren kennt.
So sondert auch Luguri hier natürlich wieder sein
übliches Geprahle ab und fällt dann ebenso wie die normalsterblichen Figuren
auf den Doppelgänger des Dämonenkillers herein. Aber ergreift er dann die
Gelegenheit, Hunter nun endlich auszuschalten, da er scheinbar den mächtigen
Spiegel abgelegt hat?
Nein, das tut er natürlich nicht, stattdessen ersinnt
wieder einen komplizierten Plan, bei dem er Coco und das Kind einbezieht.
Immerhin werden die rätselhaften Anrufe des zukünftigen
Dorian Hunter zu verschiedenen Zeitpunkten hier wirklich schlüssig und logisch
erklärt und in die Handlung eingeflochten, wobei auch nicht der Eindruck eines
nachträglichen Konstrukts entsteht.
Alles in allem erleben wir hier aber ein doch eher
durchwachsenes Finale eines doch eher durchwachsenen Zyklus, der über weite
Strecken einfach zu sehr gestreckt und aufgeblasen erschien, auch wenn das Ende
immerhin ein sehr konsequentes ist.
© by Stefan Robijn
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