Haus der langen Schatten
von Ambrose Ibsen
Das
Haus war wie die gesamte Gegend in Detroit City (US-Bundesstaat Michigan)
bereits seit Jahrzehnten verlassen und somit dem langsamen Verfall
preisgegeben.
Nur
das Haus in der Morgan Road 889 hatte laut Kevin Taylor noch eine sehr passable
Bausubstanz vorzuweisen. Und so kaufte der fünfundzwanzigjährige Taylor dieses
Haus für einen Spotpreis von der Stadt.
Dabei will der geschickte junge Handwerker hier nicht einmal selbst wohnen. Viel mehr will er dieses Haus in einer 30-Tage-Challence für seinen erfolgreichen Handwerker-Kanal im Internet auf Video Tube vollständig renovieren.
Und
am Ende würden hierbei sogar für ihn nicht nur eine Menge Klicks pro
Videobeitrag im Internet, sondern auch eine eigene Show für Handwerker bei
einem bekannten Fernsehsender herausspringen. Aber wie bereits gesagt, auch
dieses Haus ist seit Jahrzehnten verlassen. Und es wäre auch besser wohl so
geblieben.
Denn
nicht nur dieser asiatische Baum vor dem Haus verströmt einen üblen Geruch.
Aber wie so oft fangen Schlimme Dinge meist erst eher etwas harmlos an. Und so
fallen Taylor recht bald schon gewisse seltsame Vorkommnisse auf, die sich
offenbar nicht an die gängigen Naturgesetze zu halten scheinen.
Da
sind in der ersten Nacht bereits Schatten die sich seltsam und übermäßig lang
zu ziehen scheinen, obwohl keine Person sich sonst im Haus befindet, welche
diese Schatten eigentlich werfen könnte. Oder Taylor vernimmt gleich mehrere
seltsame Stimmen, die wie aus einem tiefen Grab klingen.
Doch
niemand außer ihm ist in der Morgan Road 889, oder gar in der gesamten, dem
Verfall preisgegebenen Straße. Was diese
Stimmen sagen, kann Taylor zuerst nicht verstehen, auch wenn sie sich gefühlt
bereits wie eine Drohung anhören.
Die
Situation wird zudem durch die grausigen Albträume in der Nacht innerhalb
dieses Hauses auch nicht besser. Richtig schlimm wird es allerdings, als Taylor
daran geht, eine Trockenwand wegen einem möglichen Wasserschaden abzureißen.
Denn hinter dieser Wand befindet sich die Leiche einer Frau, die man hier
offenbar vor 30 Jahren auf grausame Art hat verschwinden lassen.
Übernachten
mag Taylor hier nun wirklich nicht mehr und fasst hätte er einfach alles
hingeschmissen. Doch dann wären die Fans auf seinem Heimwerker-Kanal enttäuscht
und die Karriere beim Fernsehsender wäre sicherlich auch dahin.
Doch
dann nimmt die eingeschaltete Kamera weitere seltsame Dinge auf und auch die
Stimmen und bedrohlichen Hinweise jagen Taylor immer mehr Angst ein. Und warum
zieht ihn dieser kleine fasst vergessene Friedhof in der Nähe des Hauses so
magisch an?
Als
dieses zurückgelassene Böse dieser weiblichen Leiche sich gegenüber Taylor
immer offener und bedrohlicher verhält, geht Taylor auf Spurensuche nach
möglichen Personen aus der Vergangenheit. Doch Pater Kaspar, den Taylor aus
Verzweiflung um geistlichen Beistand bittet, macht nicht einmal die Anstalten,
ihm zu Hilfe zu kommen und der frühere Eigentümer Willard Weiss, der seit
langem in einer betreuten Wohnanlage für Senioren lebt, ist nicht gerade
auskunftswillig.
Doch
was steckte wirklich dahinter, als damals in diesem Haus seine Frau Irma Weiss
verstarb und offenbar seine Adoptivtochter Fiona eines Tages plötzlich
verschwand?
Aber
die wichtigste Frage für Taylor dürfte wohl mittlerweile darin bestehen, wie er
die Geister wieder los wird, die ihn immer mehr bedrängen und sich längst wie
bösartige Parasiten an ihn geheftet haben?
- HAUS DER LANGEN SCHATTEN
- Autor: Ambrose Ibsen
- ISBN: 978-3-98676-168-4
- Paperback mit Umschlagklappen
- Verlag: FESTA
-
Deutsche
Veröffentlichung: 14. Oktober 2024
„Die
gähnenden Löcher, in denen sich einst Augen befunden hatten, weiteten und
verengten sich, runzelten und schürzten sich wie pulsierende Wunden. Und aus
den Tiefen des ledrigen Schädels quollen massenweise rote zuckende Würmer - wie
Fäden von Rinderhack, das aus einem Fleischwolf gedrückt wird.“ (Haus der
Langen Schatten/Seite 270 bis 271)
Der Autor Ambrose Ibsen, den Kenner bereits in einem
Atemzug mit so bekannten Autoren wie Dean Koontz oder Stephen King nennen,
fällt in seinen Romanen nie gleich mit der Tür ins Haus. Und auch wenn wie hier
im Roman „HAUS DER LANGEN SCHATTEN“ der Kreis der Figuren recht überschaubar
wirkt, so nimmt Ibsen sich durchaus gerne Zeit, um besonders seine Hauptfigur
aufzubauen.
So passiert daher erst einmal auch nicht unbedingt viel
in der Morgan Road 889. Trotzdem fliegt man geradezu über jede weitere Seite
vor Spannung, weil es Ibsen trotzdem hervorragend gelingt, schleichend eine
immer dunkler werdende Atmosphäre aufzubauen, die einem Spukhaus-Roman
natürlich alle Ehre macht.
Ein weiterer Pluspunkt sind die recht angenehm kurzen
Kapitel und natürlich der stimmungsvolle wie flüssige Schreibstil, welches es
den Lesern recht einfach macht, sich umfassend in dieses Buch zu vertiefen ...
ja geradezu in die Handlung fallen zu lassen.
Darin liegt aber auch ein kleiner Trick, denn nach jedem
Kapitel sagt man sich nämlich, dass man das nächste Kapitel auch noch locker
lesen kann. Und ehe man sich versieht, zeigt die eigene Uhr bereits zwei
Stunden nach Mitternacht an und immer noch will man eigentlich diesen Roman
nicht aus der Hand legen.
Und so ist man am Morgen nicht wirklich ausgeschlafen, wogegen die nur sehr knapp unter 400 Seiten liegenden Romanseiten sich quasi wie im Flug lesen lassen. Ein weiterer Pluspunkt bei Ibsen ist, dass er keine "Helden" kreiert, sondern uns hier mit ganz normalen Menschen wie du und ich konfrontiert.
Ein Umstand also, der zusätzlich an der Spannungsschraube
dreht ohne hierfür auf übermäßig brutale Beschreibungen zurückgreifen zu müssen.
Und so liefert uns Ambrose Ibsen hier wirklich einen geradezu klassischen
Spukhaus-Roman in einem recht zeitgemäßen Gewand ab, den ich jedem Liebhaber
auch der klassischen Meister der Horror-Literatur wirklich nur ans Herz legen
kann.
Und was Spukhäuser und dessen übernatürliche Wesenheiten
betrifft, da ist Ambrose Ibsen wahrlich wie ich bereits mehrfach lesen konnte,
ein Meister seines Fach.
© by Konrad Wolfram
Keine Kommentare:
Kommentar veröffentlichen