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Dienstag, 16. Juli 2024

Der Seuchendämon

Gespenster-Krimi 150

Der Seuchendämon

von Camilla Brandner

Die Hundstage im Jahre 1634 dürfte man im kleinen Dorf Milticke im einstigen Siebenbürgen und späteren Transsylvanien wohl eher verfluchen, wenn da nicht bereits ein kleines weißes Hündchen wie ein dunkler Fluch Krankheit, Wahnsinn und Tod verbreitet hätte.

Doch dieses kleine Hündchen ist nicht einfach nur ein Überbringer einer tödlichen Krankheit. Genau genommen ist es nicht einmal ein kleiner Hund.

Denn hinter dieser unscheinbaren Kreatur steckt die Tochter der Gräfin Alma von Cressida, welche oben im Schloss mit Wohlwollen das blutige Sterben im Dorf quittierte, bevor sie das Land für immer verlassen würde.

Und das scheinbare Hündchen ist eigentlich ein Wechselbalg mit Namen Lyssa. Ein ansonsten gar schrecklich anzusehendes Wesen, wenn es die Gestalt eines Kindes nachahmt.

Und Lyssa wiederum ist die Frucht ener intimen Nacht der dunklen Gräfin mit Asakku, dem Dämon von Krankheit und Schmerz, welcher gerne auch in der Gestalt einer Schlange auftritt. Lyssa indessen würde einmal nichts lieber als eine schöne junge Frau werden. So schön, wie ihre eigene Mutter es früher einmal war.

Doch auch dieser Wunsch der Kreatur, dessen eigener Wille äußerst beschränkt bleibt, wird sich kaum erfüllen. Sieht die Gräfin Lyssa selbst doch nur als eine Waffe des Bösen unter ihrem finsteren Willen an.

Lange nach diesen Ereignissen nunmehr in London der viktorianischen Epoche (1837 bis 1901) lebt die Gräfin und ihr finsterer Wechselbalg immer noch. Nur nennt sie sich nun Prinzessin Cassandra und ist in den okkulten Kreisen der Gesellschaft durchaus recht bekannt wie auch gefürchtet.

Dies muss auch die einzige Fotografin dieser Zeit, Emily Primus feststellen, die auch in ihrem Atelier Erinnerungsfotos von gerade verstorbenen Menschen anfertigt. Und hierbei kann sie auf die Hilfe von Reverend Arthur Rowland zählen, der jedoch sein geistliches Amt nicht ausfüllen darf, weil man seitens der Kirche alles vermeiden will, was auf das wirken des Übernatürlichen hinweisen könnte.

Und damit hatten Emily und Rowland samt dem seltsamen Sohn eines reichen Reeders mit Namen Leander Sarrazin leider schon schlimme Erfahrungen machen müssen. Und nun muss Emily sogar ein Bild eines toten Babys machen, welches noch nicht einmal einen Namen hatte oder bereits getauft war. Vor dem Tod des Babys will man sogar ein kleines weißes Hündchen auf dessen Bettchen gesehen haben.

Aber auch Leander Sarrazin scheint ins Visier dieser dunklen Gräfin geraten zu sein, denn das kleine Hündchen, was in Wirklichkeit ja ein Seuchendämon ist, trachtet nun auf deren Befehl auch ihm nach dem Leben.

Doch Leander scheint durch ein kleines Mädchen offenbar himmlischen Beistand als Schutz zu erhalten. Das hilft ihm jedeoch nicht gegen seinen älteren Bruder, der von den schwarzen Künsten nichts hält und Leander daher am liebsten in ein Sanatorium einweisen lassen würde.

Aber auch der Wechselbalg hat längst schon bemerkt, dass sie nur ein Werkzeug ihrer Mutter ist, welche sie immer schon belogen hatte. Doch nun tritt der Dämon Asakku bei ihr auf und verspricht ihr die Macht, Rache an ihrer Mutter zu nehmen. Doch auch der Dämon in Schlangengestalt treibt hier sein ganz eigenes, hinterhältiges Spiel.

  • Erschinen am 6. Juli 2024
  • Ein neuer Roman von Camilla Brandner
  • Gespenster-Krimi-Jubilämunsausgabe Nr. 150

„Armes Kind, dachte sie mit einem Blick auf das Bündel spitzenbesetzter weißer Rüschen. Baby! Nicht einmal einen Namen hatte es - Kinder starben in diesen Tagen oft schneller, als man sie zum Taufbecken bringen konnte.“ (Gespenster-Krimi/Band 150, "Der Seuchendämon"/Seite 9)

Das erste, was mir durch den Kopf ging, als ich den Anfang gelesen hatte und auf das "weiße Hündchen" stieß, war die Frage: Wird das jetzt eine lustige Horror-Komödie? Denn im Film „ELVIRA - HERRSCHERIN DER DUNKELHEIT“ (Horror-Komödie mit Cassandra Peterson von 1988) kam ja auch ein kleiner weißer Pudel von zweifelhafter Herkunft (Wechselbalg) vor.

Aber weit gefehlt. Der Roman von Camilla Brandner mit ihren Hauptfiguren Emily Primus, Reverend Rowland und Leander Sarrazin, die wir ja schon aus dem Roman „DER SCHWARZE GARTEN“ (GK, Band 134) her kennen, entfaltet recht schnell eine düstere und unheilvolle Atmosphäre, bei der man sich wie bei einem starken Sog geradezu in die viktorianische Zeit hineingezogen fühlt.

Überhaupt gelingt es der Autorin sehr gut, dieser mitunter recht widersprüchlichen Epoche, aber eben auch deren düsteren Geheimnissen Leben einzuhauchen, so das einem beim lesen durchaus ab und an ein kleiner kalter Schauer über den Nacken kriecht.

Und so sieht man als Leser (oder Leserin) bald auch kleine putzige weiße Hündchen dann mit ganz anderen Augen. Interessant ist hier aber auch, das keiner der Helden oder die Heldin selbst in eine direkte Konfrontation mit der teuflischen Gräfin oder dem Wechselbalg geraten werden.

Dies ist für einen Gruselroman ja eher sogar recht ungewöhnlich, wo die Helden doch am Ende stets mit irgendeiner Wunderwaffe nur herumwedeln müssen, um das Monster der Woche dann abzufrühstücken.

Genau diese Besonderheit trägt aber hier durchweg dazu bei, dass man hier die Handlung bis zur letzten Seite mit Spannung konsumieren kann und diese auch durchaus recht glaubwürdig bis zum letzten Satz wirkt.

Denn am Ende ist es ein Dämon, der sein ganz eigenes Spiel spielt und in dem die Gräfin und ihr Wechselbalg diesem einfach nur noch lästig erscheinen. Und interessant ist auch die Art, wie der Dämon ihr Ende einfädelt, ohne größere Wellen unter den frommen Menschen zu schlagen.

Richtig gut ist auch, dass man mit dieser Jubiläumsausgabe neben dem obigen "Bastei" Schriftzug über den Zinnen auch den eher unschönen Knochenrahmen des Cover endlich entsorgt hat. So wirkt das Cover gleich wesentlich moderner.

Nun muss man allerdings nur noch wirklich gute Cover für die Romane des "GESPENSTER-KRIMIS" nutzen, denn der Gevatter Tod auf diesem Cover ist irgendwie auch nicht wirklich das gelbe vom Ei. Aber man kann das hier ja einfach mal wohlwollend als Freiheit der Künste interpretieren.

 © by Konrad Wolfram

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