Ingo Löchel: Wie würdest Du die Stadt Twilight City, in der die Serie "Dark Land" spielt, beschreiben? Eine Mischung aus Film Noir und Sin City im Stile der 1950er Jahre, gewürzt mit einer Menge Horror und Fantasy?
Wie ein Puzzle, dessen erste Stücke vielleicht einen Eindruck der Stadt implizierten, so wie du ihn beschreibst – aber dann kommt mit jedem neuen Puzzleteil ein neuer Blickwinkel hinzu.
Ich habe vor Kurzem einen DARK LAND-Roman geschrieben, der zum Beispiel eher in einem Setting angesiedelt ist, wie wir es aus Western kennen … In erster Linie ist und bleibt DARK LAND aber eine Horror-Serie!
Ingo Löchel: Twilight City besteht aus verschiedenen Vierteln. Neben Sinatown sind das Morland Heights (Villenviertel, wo die reichen Bewohner der Stadt wohnen), das Industrieviertel, Blackpool und RedChapel (Vergnügungsviertel).
Besteht die Stadt noch aus weiteren Vierteln, die im Verlauf der Serie noch in Erscheinung treten oder eine wichtige Bedeutung haben werden?
Uwe Voehl: Oh ja, Twilight City war bisher nur ein winziger Ausschnitt des Dark-Land-Universums. Wie auf einer zusammengerollten Landkarte entfaltet sich im Laufe der Zeit immer ein bisschen mehr …
Ingo Löchel: Uwe, wie kamst Du überhaupt auf die Idee zu Sinatown, das nur durch eine Fähre mit Twilight City verbunden ist?
Uwe Voehl: Ich wollte von Anfang an aufzeigen, dass DARK LAND eben nicht nur aus Twilight City besteht, sondern auch aus anderen Stadtteilen. Und da die Redaktion anfangs unter uns SINCLAIR-Autoren nach Exposés gefragt hatte und offensichtlich keine Idee bizarr genug sein konnte, wurde „Sinatown“ für gut befunden.
Ingo Löchel: Wird auch noch genauer auf die die beiden Götzen Sinawa und Rakshasa, die in Sinatown um die Vorherrschaft kämpfen, im Verlauf der Serie eingegangen? Auch dieses interessante Thema wurde seit DL # 4 nicht mehr in der Serie behandelt …
Uwe Voehl: Ja, stimmt, aber auch die Götzen sind bestimmt nicht vergessen. Ganz am Ende von „Unheil über Sinatown“ deutetet sich eine interessante Wendung an …
Ingo Löchel: Existiert eigentlich noch eine detailliertere Karte von Twilight City, als die, die auf der LKS der Serie veröffentlicht wurde, in der alle Viertel der Stadt, die Tiefenstadt etc. eingezeichnet sind?
Uwe Voehl: Nein, bisher noch nicht. Ich sage noch nicht einmal „leider nicht“, denn als Autor merke ich doch immer wieder, dass es ganz reizvoll ist, die vielen weißen Flecken noch zu füllen und die bisher noch vage beschriebenen Orte weiter zu konkretisieren, bevor man sie irgendwann letztendlich visualisiert.
Jörg Kleudgen hat zumindest eine Karte von Deep Moor gezeichnet. Und im Moment hat er damit begonnen, Sinatown zu kartographieren. Aber sowieso würde eine Karte immer nur einen Ausschnitt zeigen oder ein Momentum darstellen.
Ingo Löchel: Logan, in Deinen beiden Romanen "Die Schwarze Witwe" (DL # 7) und "Dead End Asylum" (DL # 13) hatte der geheimnisvolle Nigel Night zwei Kurzauftritte.
In Deinem Zweiteiler "Arena der Monster" (DL # 15) und "Hexenmoor" (DL # 16) tritt er dann zum ersten mal aktiv in Aktion, und arbeitet mit Abby zusammen. Wie kamst Du auf die Idee zu der Figur des Nigel Night?
Uwe Voehl: Ich habe immer gerne Batman gelesen, und in meinen Augen ist Nigel Night so eine Art geheimnisvoller Superheld, aber ohne überirdische Kräfte. Er war ein paarmal zur Stelle, wenn Gefahr im Verzug war und man ihn brauchte – und verschwand dann wieder unerkannt.
Nigel Night ist einer meiner Lieblingsfiguren – aber seine Auftritte sollen auch so selten bleiben, ansonsten nutzt er sich schnell ab, denke ich. Daneben schlüpfe ich auf den Leserseiten immer mal wieder gerne hinein in seine Rolle, um den einen oder anderen Artikel aus dem TwilightEvening Star zu schreiben.
Ingo Löchel: Ist dieser geheimnisvollste Mitarbeiter des "TwilightEvening Star" eine Art Hommage an die Pulp-Helden der 1930er und 1940er Jahre, wie "The Shadow" oder "The Spider"?
Uwe Voehl: Ja, klar, neben Batman sollte ich unbedingt noch Will Eisners „The Spirit“ erwähnen!
Ingo Löchel: Das "Dead End Asylum" (DL # 13), die Irrenanstalt von Twilight City, die von Doktor Shelley geführt wird, weist Ähnlichkeiten zum "ArkhamAsylum" der Stadt Gotham auf. War diese Ähnlichkeit beabsichtigt?
Uwe Voehl: Sagen wir mal so, die Verbindung liegt nahe, oder. Allerdings waren Irrenanstalten schon immer die Orte – literarisch gesehen – vor denen ich mich am meisten gefürchtet habe. Heute ist ja allein der Begriff verpönt, deshalb hat das „Dead End Asylum“ auch absolut nichts mit der Realität zu tun.
Mich hat aber auch das Frankenstein-Thema in diesem Zusammenhang inspiriert. Und Dr. Shelley, der Leiter des „Dead End Asylum“ geht ja entsprechend brachial vor. Im Moment schreibe ich übrigens an einem Roman, der erneut in der Anstalt spielt …
Ingo Löchel: Doktor Shelley experimentiert an Menschen und Dämonen herum. Ist dieser Mann eine Art Doktor Frankenstein von Twilight City?
Uwe Voehl: Ja, wenngleich er doch eine ganze Ecke bizarrer und auch dämonischer im Sinne von skrupellos und besessen angelegt ist.
Ingo Löchel: Warum sehen die Menschen und die Dämonen von TC so eine Gefahr in Kräften der Hexen?
Uwe Voehl: Wir haben das ja teilweise schon erzählt bzw. angedeutet: Die Macht der Hexen war einst so groß, dass sie die Bewohner Twilights unterjocht haben. Damit dies nie wieder vorkommen sollte, wurden sie ausgerottet.
Die Letzten ihrer Art flüchteten sich ins Moor und bilden dort bis heute eine Enklave. Ja, es ist in der Tat eine der großen tragischen Themen in DARK LAND, denn Abby (eine der Hauptcharaktere) entpuppt sich als Halbhexe. Ihre Mutter war in der Tat eine richtige Hexe – allerdings eine gute.
Ingo Löchel: Nur einigen wenigen Hexen gelang die Flucht ins Moor, seit dieser Zeit 'herrschen' die Menschen und Dämonen über die Stadt.
Doch nicht alle Hexen scheinen in WItchmoor zu leben. Denn es gibt anscheinend Abkömmlinge von ihnen, wie zum Beispiele Abbys Freundin Marylyn und Marylyns Schwester Vicki die Hexen sind. Wie ist das zu erklären?
Uwe Voehl: Dazu müsste man den Begriff Hexe genau definieren. Es gibt in Twilight wie du zu Recht sagst, Frauen mit gewissen Fähigkeiten. Aber sie gehören nicht unbedingt dem Hexenzirkel an.
Abby verirrt sich ja im Moor, und die Hexen zeigen sich ihr. Sie möchte dazugehören, aber man gibt ihr zu verstehen, dass sie noch nicht reif genug dafür ist. Das alles sind gewiss noch große Themen für die Zukunft.
Ingo Löchel: Ist geplant, im weiteren Verlauf der Serie auch auf die Entstehungsgeschichte von Twilight City einzugehen, insbesondere wer die Stadt gegründet hat, und wie sie überhaupt in der fremden Dimension entstanden ist?
Uwe Voehl: Geplant ist es nicht, aber alles ist natürlich denkbar. Ich persönlich möchte nur nicht allzu fantasylastig werden, sondern immer auch eine gradlinige Horrorstory erzählen.
Ingo Löchel: Gab es in Twilight City zudem verschiedene Zeitepochen. So unter anderem auch eine Art Mittelalter, wie auf der Erde?
Uwe Voehl: Sollte die Serie einige Jahrzehnte lang laufen, so müsste man natürlich diese Welt nach und nach entschlüsseln. Ich denke, dass eine Weile vieles parallel lief, aber an entscheidenden Punkten gibt es eben Unterschiede. Wie gesagt, es gibt echte Hexen, die der Inquisition zum Opfer fielen, während es in unserer Welt unschuldige Frauen traf.
Von der Serienlogik aus betrachtet existieren natürlich auch im JOHN SINCLAIR-Universum echte Hexen und echte Dämonen. Der Unterschied ist, dass diese nicht wie in DARK LAND Tür an Tür mit den Menschen leben und größtenteils auch nicht unbedingt bösartig sind.
Ingo Löchel: In den Tiefen des Archives der Zeitung Twilight Evening Star tummeln sich diverse seltsame und geheimnisvolle Wesen. Darunter auch der Dunkle Archiv (DL # 15 und DL # 16). Was genau ist dieses Tentakelwesen, das sein Aussehen unter einer schwarzen Kapuze und einem schwarzen Umhang verbirgt?
Uwe Voehl: Ich habe natürlich meine Vorstellungen, aber ich finde es reizvoll, mache Dinge nicht ausführlich zu beschreiben, sondern offen zu lassen, damit der Leser selbst seiner Phantasie freien Lauf lassen kann.
Das dunkle Archiv war übrigens auch mal der Titel eines Horror-Info-Blattes, das ich zeitweilig herausgegeben habe …
Ingo Löchel: Von diesem Schwarzen Archivar erfährt Wynn, dass es das "Consortium" gibt, eine Gruppe der einflussreichsten Männer und Frauen der Stadt, die großen Einfluss auf das Leben in Twilight City ausüben. Ist dieses Consortium eine Art geheime Regierung oder Geheimbund?
Uwe Voehl: Eher ein Geheimbund, der über die Einhaltung gewisser Regeln wacht – und nebenbei natürlich über die Wahrung ihrer eigenen – auch geschäftlichen – Interessen.
Ingo Löchel: In Deinem Roman "Candyland" (DL # 18) erfährt der Leser, dass diese Gruppe anscheinend aus sieben Führungsmitgliedern besteht. Zu diesen Führungsmitgliedern gehört auch Sir Roger Baldwin-Fitzroy, der Vater von Abby. Besteht das Consortium noch aus weiteren Mitgliedern und Mitarbeitern?
Uwe Voehl: Ja, teilweise habe ich sie ja beschrieben. Vielleicht werde ich bei Gelegenheit den einen oder anderen Charakter auch noch weiter in den Mittelpunkt eines Romans rücken …
Ingo Löchel: In Deinem Zweiteiler "Arena der Monster" (DL # 15) und "Hexenmoor" (# 16) erfährt der Leser, dass Sir Roger Baldwin-Fitzroy und seine Tochter Abbyvon der Hexe Meryl Baldwin und von Sir Blakestone abstammten.
Blackstone war der Schwarze Lord des Consortiums, das schon damals existierte und Hexen jagte. Es gab also vor Jahrhunderten ein Zeitalter der Inquisition in TC?
Uwe Voehl: Genau, allerdings mit dem Unterschied, den ich oben ausgeführt habe. Es hat mir großen Spaß gemacht, diese Inquisitionsgeschichte zu schreiben. Ich mag die alten Hammer-Filme, und einige haben mich ganz bestimmt inspiriert.
Ingo Löchel: Ist Hell-o-ween ein ähnliches Fest wie Halloween?
Uwe Voehl: Ja, deshalb haben wir den Roman ja zeitgleich zu Halloween rausgebracht. llerdings tummeln sich zu Hell-o-ween wirkliche Dämonen, und es geht um einige Grade blutiger zu.
Ich hoffe, zum nächsten Halloween die Fortsetzung schreiben zu dürfen, denn manches aus dem Roman ist ja noch nicht zu Ende erzählt.
Ingo Löchel: Wie sieht die Vorarbeit zu einem DL-Roman für dich aus?
Uwe Voehl: Da wir mittlerweile zu mehreren an der Serie schreiben, lese ich natürlich die Expos und auch die anderen Romane. Außerdem besprechen wir regelmäßig mit der Redakteurin die nächsten großen Abläufe …
Ingo Löchel: Wie lange schreibst du danach an einem Roman der Serie?
Uwe Voehl: Meistens viel länger, als ich es vorher geplant habe.
Ingo Löchel: Nahm der Bastei bzw. die zuständige Redakteurin des Öfteren Änderungen bei der Titelgebung Deiner DL-Romane vor, oder blieben die (Arbeits-Titel der Hefte so bestehen, wie Du sie dem Verlag zukommen lässt?
Uwe Voehl: Die Titel liegen lange vor dem Schreibprozess fest. Zumeist wird schon bei der ersten Einplanung darüber gesprochen. Meistens mache ich mehrere Vorschläge, von denen dann in der Regel einer genommen wird.
Manchmal hat aber auch die Redakteurin eine bessere und schlagkräftigere Idee. Bei DARK LAND sind es generell sehr spezielle Titel. Ich würde da schon fast von einem einheitlichen Wording sprechen.
Man wird in der Reihe keinen Roman mit einem Titel wie "Drei gläserne Särge für Draculas Vampirbräute" oder so finden. Mein nächster DARK LAND "Aufruhr am Long River" lehnt sich da schon sehr weit aus dem Fenster.
Ingo Löchel: Uwe, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.
Uwe Voehl: Ich danke!
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