Billy Summers
von Stephen King
Der
Auftragskiller Billy Summers nimmt einen letzten Job an, bevor er in den
Ruhestand gehen will. Er soll einen noch inhaftierten Killer beseitigen, sobald
dieser das Gerichtsgebäude betritt.
Bis
es jedoch zu dem Prozess kommt, muss Billy sich auf unbestimmte Zeit unter
falschem Namen in der Nähe des Gebäudes
aufhalten und sich möglichst unauffällig verhalten.
Als ihm kurz nach dem tödlichen Schuss klar wird, dass seine Auftraggeber ihn ebenfalls abservieren wollen, taucht er unter und lernt die junge Alice kennen, die er bei sich aufnimmt, nachdem sie von mehreren Männern vergewaltigt und direkt vor seinem Versteck abgelegt wurde.
Obwohl
Alice schnell weiß, wer er ist, schließt sie sich ihm bei seinem Rachefeldzug
an, bei dem Billy sich auf die Spur jenes Mannes begibt, der ihn bei seinen
Auftraggebern zum Abschuss freigegeben hat.
- Erschienen
im Heyne Verlag, 2022
Stephen King hat nicht viele Romane geschrieben, in denen
es keine übernatürlichen Elemente gibt. Einige davon, wie “Der Todesmarsch”
oder “Menschenjagd” hat er unter dem Pseudonym Richard Bachmann veröffentlicht,
während unter seinem Namen Werke wie “Misery” oder “Dolores” zu den bekannteren
zählen.
Bei dem vorliegenden Roman handelt es sich um einen
waschechten Thriller, der sich abgesehen von dem Verzicht auf übersinnliches
auch dadurch von den anderen Werken unterscheidet, dass er im Präsens
geschrieben ist, woran man sich aber sehr schnell gewöhnt, zumal der lakonische
Plauderstil des Autors dennoch unverkennbar bleibt.
Die Story entwickelt sich, wie so oft bei King, recht
langsam und bedächtig, so dauert es etwa einige hundert Seiten, bis es zu dem
Attentat kommt, bis dahin dreht sich alles hauptsächlich um die akribische Planung
und Vorbereitung desselben.
Langweilig ist das jedoch keinesfalls, da dem Leser hier
die Figur Billy Summers näher gebracht wird. Man erfährt, was für ein Mensch er
ist, warum er das tut, was er nunmal tut und wie es dazu kam.
Da er sich als Autor ausgibt, der in der Wohnung des
Gebäudes, von dem aus er den Schuss abgeben will, ein Buch schreibt, nutzt er
die Gelegenheit, tatsächlich seine Lebensgeschichte aufzuschreiben, was einen
Großteil des Romans ausmacht.
Wirklich spannend wird es aber erst unmittelbar nach dem Attentat und der Erkenntnis, dass man ihn reingelegt hat, worauf er untertaucht und nach und nach herausfindet, warum man auch ihn verschwinden lassen will.
Dass ihm dabei eine junge Frau quasi vor die Haustür seines Verstecks gelegt wird
und er sich, nachdem er sie gerettet hat, an den Kerlen rächt, die sie
vergewaltigten, dient King dazu, aus der bis dahin reinen One Man Show eine Art
Beziehungsdrama zu machen, auch wenn dieses rein freundschaftlicher Natur ist.
Dabei kann der Leser nicht umhin, die Figur Alice schon nach kurzer Zeit ins Herz zu schließen, was spätestens, als Billy loszieht, um ihre Peiniger zur Rechenschaft zu ziehen auch für die Hauptfigur gilt.
King
versucht hier, die im Grunde negativ besetzte Figur zum Helden und somit zu
einer besseren Identifikationsfigur zu entwickeln. Zum einen wird immer wieder
sehr deutlich betont, dass Billy nur schlechte Menschen tötet, zum anderen
tötet er Alice Peiniger nicht, sondern erteilt ihnen nur eine Lektion, die sie
natürlich mehr als verdient haben.
Diese Szenen sind dann sogar spannender und intensiver
als das Finale, das leider etwas unspektakulär und undramatisch verläuft, auch
wenn die Lösung am Ende nicht unbedingt vorhersehbar und durchaus logisch
nachvollziehbar ist, weshalb der Roman trotz des etwas enttäuschenden Showdowns
zu den besseren Spätwerken Kings gezählt werden darf.
Als kleine Randnotiz sei noch erwähnt, dass Billy und
Alice sich in der Nähe der aus Shining bekannten Ruine des Overlook Hotels
aufhalten. Billy findet ein Gemälde aus dem Hotel, dessen Motiv sich zu
verändern scheint, womit King dann doch noch einen kleines übersinnliches
Element eingebaut hat.
© by Stefan Robijn
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