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Sonntag, 2. Juli 2023

Ein „Kommissar X“-Interview mit dem Autor Walter Appel (Earl Warren)

Ingo Löchel: Herr Appel. Können Sie sich noch daran erinnern, wie sie zum „KOMMISSAR X“ - Team gestoßen sind? Standen Sie schon vorher in irgendeiner Beziehung' zu KX oder kamen sie erst als Autor mit Joe Walker in Kontakt?

Walter Appel: Ich habe 73 beim Bastei-Verlag als Autor angefangen und habe dann schnell auch mit dem Pabel-Verlag, damals in München (Nachfolger heute vpm, Rastatt), Kontakt aufgenommen. Da fing ich mit Horror-Romanen, Western (Ronco) und der Fledermaus an. Da ich Kapazität frei hatte, damals sehr sehr viel schrieb (war ja noch jung, 25, 26) wollte ich auch bei der KX-Reihe rein. Das gelang relativ bald.

Ich hatte davor ein paar KX gelesen. In einem besonderen Bezug zu der Reihe stand ich nicht. Der Aufbau und Background ist im Vergleich zu Jerry Cotton, wo ich 76 meinen ersten Roman veröffentlichte, ziemlich einfach gewesen.

Während bei Cotton ein umfangreiches Serienexposé mit einer Menge Hintergrunddaten existierte (Aufbau des FBI, Polizeidienststellen, Spezielles) kam man beim KX mit kurzen Charakterisierungen für KX, April Bondy und Captrain Rowland aus.

Ingo Löchel: 1974 gaben Sie mit den beiden KX - Romanen "ZÄRTLICH WIE EINE SCHWARZE MAMBA" (813) unter Pseudonym FRANK EVANS Ihr KX - Debüt. Danach war erst einmal Schluss.

Warum schrieben sie in den 1970er Jahre nur zwei KX - Heftromane? Lag es daran, dass sie sich auf Serien wie „DÄMONENKILLER“ und „FLEDERMAUS“ konzentrieren wollten oder gab es andere Gründe?

Walter Appel: Das weiß ich heute nicht mehr. Insgesamt habe ich 57 KX geschrieben, alles Hefte. Ein KX-Taschenbuch habe ich nie bekommen, also den Auftrag dafür. Wieso dies zustande kam, ist mir ebenfalls unbekannt. Für ein KX-Taschenbuch zeichnet z. B. Dieter Hoven verantwortlich, der in den 80er Jahren im Fandom sehr rührig war (Meerbusch). Wieso es Hoven als Nichtschriftsteller zu einem KX-TB brachte und ich nicht, ließe sich höchstens astrologisch erklären, und davon verstehe ich nichts.

An der Schreibe, also Fähigkeit zum kreativen Schreiben, kann es nicht gelegen haben. Es ist zutreffend, dass ich 74 zwei KX von 57 geschrieben habe und von 86 - 92 (Serienstellung) die restlichen 55. 

Ich kann mir nur dunkel erinnern, es habe daran gelegen, dass ich viele andere Aufträge und schriftstellerische Interessen hatte. Und dass man bei Pabel für die KX-Reihe über genug Autoren verfügte. Ich wurde also anderweitig eingesetzt - nicht nur bei Pabel - und verdiente da meine Brötchen.

86 gab's eine Umstellung, der Ursachen mir jedoch nicht mehr erinnerlich sind. Insgesamt habe ich übrigens ca. 840 Romane geschrieben und veröffentlicht, was nicht grade wenig ist. Meine KX sind übrigens vollzählig beim vph-Verlag (http://www.vph-ebooks.de) als eBooks erschienen und dort erhältlich.

Ingo Löchel: Gibt es ein besonderes Ereignis im Bezug auf KX an das sie sich heute noch besonders gut erinnern?

Walter Appel: Ich weiß nur, dass der Redakteur Kraft den 450 SEL des Jo Walker (Kommissar X) immer als "Metzgersauto" bezeichnet hat, oder "Metzgerswagen", den er nie fahren würde. Er meinte damit, dass große Mercedesse zu der Zeit oft von Metzgersmeistern gefahren würden.

Ingo Löchel: Wie muss man sich Arbeit als Autor an einer Serie wie KX vorstellen? Gab es bestimmt Vorgaben für die Serie und die Figur des Joe Walker  (abgesehen vom Expose)? Konnte man eigene Ideen einbringen?

Walter Appel: Vorgabe für KX, April Bondy und ein paar Basisdaten gab's schon, das muss man machen, sonst funktioniert die Serie nicht. Die Info lief  über persönliche Gespräche und Telefonate, oder ich hab' ein paar KX gelesen und wenn ich was wissen wollte Fragen gestellt. Wenn einer erst  mal eingearbeitet war, hat er gewusst, was er machen konnte und was nicht.

Das ist nicht so schwierig. Man hat so das Übliche vermeiden sollen, nicht die Kirche angreifen, den KuKluxKlan nicht verherrlichen, keinen Rassismus, keine Gewaltverherrlichung. Kommissar X muss im Mittelpunkt der Handlung stehen. Keine herumspritzenden Gedärme und Hirnmasse, keine sexuellen Übergriffe (der Guten) bzw. diese umschreiben bei den Bösen. Klare Linie, wer Gangster und Cop ist.

Eigene Ideen konnte man auf jeden Fall einbringen. Ich habe einen KX mit Kindesmissbrauch geschrieben  (KX 1720 - "Geschäfte mit Kindern") und einen über Rassismus in den Südstaaten  (KX 1639 - "Das Schlangennest") einen wg. Regenwald/Umwelt  (KX 1674 - "Todesjob am Amazonas") und einen mit einem von Amnesie befallenen Kommissar X in Tokio (KX 1726 – "Amnesie").

Bei der „Affäre Caldonia“ (KX 1700) habe ich einen tatsächlich stattgefundenen Kriminalfall mit einer Schiffsversenkung zum Zweck des Versicherungsbetrugs als Anregung genommen.

Ich habe überhaupt ein weites Spektrum der Handlung in meinen KX untergebracht. Zwischen meinen ersten beiden 1974 und denen ab 1986 liegen beträchtliche Unterschiede. Bemerken möchte ich auch noch, dass die Recherche in der Zeit vor dem Internet wesentlich langwieriger und schwieriger war. Ich habe mir dann Reiseführer besorgt, Stadtpläne, Berichte gelesen. Fachbücher und -literatur.

Wenn du einen in Tokio, Rio de Janeiro oder in Alaska handelnden Roman schreibst, musst du schon was recherchieren. Da habe ich immer viel Mühe und Sorgfalt verwendet. Es gab welche, die es sich leichter machten, und in den Redaktionen ist man von meiner teils akribischen Recherche nicht immer angetan gewesen. Dennoch denke ich, das richtig gemacht zu haben, und dass dies im Sinn des Lesers und heute noch ist.

"In der Wüste Sahara ist es sehr heiß, es gibt eine Menge Sand und Sanddünen" in der Art habe ich nie geschrieben.

Ingo Löchel: Wer war zu ihrer KX - Zeit für die Exposes der Serie zuständig und aus welchen Leuten bestand die Redaktion der Serie?

Walter Appel: Bis ca. 89/90 war es der Kraft. 74 ein älterer Redakteur - für Fledermaus und KX. Der Name fällt mir jetzt nicht ein. Ich weiß noch, dass er Musikliebhaber gewesen und zu den Bayreuther Wagnerfestspielen fuhr. Wer nach 88/89 nach dem plötzlichen Herztod des Redakteurs Kraft zuständig war, das war eine Dame in der Redaktion.

Ingo Löchel: Kannten sich die Autoren untereinander und gab es eine Zusammenarbeit zwischen den Autoren der Serie?

Walter Appel: Nö. Ich kannte und kenne den Fritz Tenkrat (A. F. Morland), der auch für KX schrieb, eine Menge sogar. Aber über den KX haben wir nie gesprochen oder uns abgestimmt. Wozu auch?

Ingo Löchel: 1992 schrieben sie mit „“DIE SCHWARZE WITWE““ (KX 1739) ihren letzten „KOMMISSAR“-Roman. Das war der vorletzte Roman der Serie. Wurden die Autoren über die Einstellung der Krimi – Serie informiert oder kam das Ende von „KOMMISSAR X““ für Sie und die übrigen  Autoren etwas überraschend.?

Walter Appel: Das weiß ich nicht mehr genau. Eine große Vorankündigung war da nicht. Jedoch ist kein Kahlschlag gewesen, wie mal in den 80er Jahren, als mal zwölf (12) Serien auf einmal den Bach hinuntergingen und über Nacht  abgeholzt wurden.

Das war nach dem Umzug der Redaktion von München nach Rastatt, als der damalige Chefredakteur Müller-Reymann ausgerechnet an seinem 50. Geburtstag bei der Heimfahrt von der Redaktion auf der Autobahn tödlich verunglückte.

Da ging der Verlagsleiter dran, den Namen behalte ich mal für mich, und da es sowieso fällig war mit Einstellungen cancelte er gleich zwölf Serien.

Da hab' ich dann bei einem oder zwei Projekten gesagt, das Manuskript hätte ich schon halb fertig, damit sie es noch nehmen, und habe mich hingesetzt und geklotzt, was ich konnte, wg. dem Geld (Honorar).

Den Giesa (Werner Kurt, der mit dem Zamorra) habe ich angerufen, weil ich was früher Bescheid wusste, und ihm gesagt: Werner, hau rein, damit du das und das noch unterbringst.

Mit dem KX ist es jedoch immerhin nicht so gewesen, wie mit dem mehrfach eingestellten und wiederbelebten Dämonenkiller, für den ich auch viel geschrieben habe. Der DäKi lebt heute noch, allerdings sehr mutiert.

Ingo Löchel: Hätte - Ihrer Meinung nach - eine Serie wie „KOMMISSAR X“ heutzutage noch ine Chance sich auf dem Heftroman-Markt durchzusetzen oder ist die Zeit solcher Krimi - Helden vorbei?

Walter Appel: Auf dem Heftroman-Markt, lieber Freund, liebe/r Leser/In, wird heutzutage niemand mehr Blumentöpfe gewinnen. Weder mit einem KX noch mit D. Duck. Ich frage mich sowieso, wieso einer heute da noch anfängt.

Ich würde, wenn ich nochmal anfangen müsste und so jung wäre wie damals, zum Fernsehen gehen, wo sie für ihre Soaps jede Menge Leute brauchen und viel besser bezahlen. Mit der Vorleistung an Romanen, die ich habe, und da ich nicht mehr so jung bin, kann ich jedoch nicht dahin wechseln.

Ingo Löchel: Herr Appel, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

Walter Appel: Gern geschehen. Ich bedanke mich für das Interview.

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