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Dienstag, 21. Februar 2023

Ein Interview mit dem Autor Marc Freund

Ingo Löchel: Marc, kannst Du den Lesern kurz etwas über Deine Person erzählen? 

Marc Freund:
Ich freue mich sehr, heute einige Fragen zu meiner Person und meiner Arbeit beantworten zu können. Kurz zu meiner Person: Ich bin Jahrgang 1972 und bin in einem kleinen Dorf in der Nähe von Flensburg, direkt an der Ostsee, aufgewachsen.


Ingo Löchel: Wie bist Du zum Schreiben gekommen?
Marc Freund: Ich habe bereits im Grundschulalter damit begonnen, kleine Geschichten aufzuschreiben. Irgendwie hatte ich wohl damals schon das Bedürfnis, mich auf diesem Weg mitzuteilen.
Zudem habe ich immer schon viel gelesen, war fasziniert von Geschichten aller Art, wie z. B. aus Büchern, Hörspielen oder Filmen.
Irgendwann wurde dann der Wunsch immer stärker, auch Geschichten dieser Art zu schreiben, und so bekam ich dann zu meinem 13. Geburtstag von meinen Eltern eine Schreibmaschine geschenkt. Von da an gab es kein Halten mehr.

Ingo Löchel: Hattest Du Vorbilder aus Deiner Kinder- oder Jugendzeit an denen Du Dich beim Schreiben Deiner Romane, etc. orientierst?Marc Freund: Ich habe im Alter von 10 Jahren damit begonnen, die Heftromanserie „Geisterjäger John Sinclair“ zu lesen. Meine ersten „Werke“, die ich auf meiner manuellen Schreibmaschine zu Papier brachte, waren also irgendwie automatisch an John Sinclair angelehnt.
Auch wurde ich in der Zeit ein großer Edgar-Wallace-Fan und versuchte damals, ähnliche Geschichten wie der Altmeister of crime zu schreiben.

Ingo Löchel: 1989 veröffentlichst Du mit "Das Wirtshaus zum Tod" Deine erste Kurzgeschichte. Wo war das?
Marc Freund: Die Veröffentlichung fand im Bastei-Lübbe-Verlag in Köln statt. Und zwar in der dritten Auflage der John-Sinclair-Serie. Damals gab es im Mittelteil dieser Auflage die „Horror-Story der Woche“.
Ich glaube, „Das Wirtshaus zum Tod“ war damals mein zweiter Anlauf, und ich kann mich noch gut daran erinnern, wie happy ich war, als die Geschichte angenommen wurde und mir ein Scheck ins Haus flatterte. Das war das erste Geld, das ich mit dem Schreiben verdient habe.

Ingo Löchel: Folgten danach noch weitere Kurzgeschichtenveröffentlichungen von Dir?
Marc Freund: Seltsamerweise habe ich nach der Veröffentlichung meiner ersten Kurzgeschichte erst einmal eine lange Pause eingelegt. Ich war mitten in der Pubertät und da waren plötzlich andere Dinge wichtiger als die Schreibmaschine. Später bin ich aber wieder zum Schreiben zurückgekehrt und dann folgten erste kleinere Veröffentlichungen, unter anderem auch phantastische Kurzgeschichten in Anthologien.

Ingo Löchel: 2009 hast Du den 1. Platz beim Edgar-Wallace-Kurzgeschichtenwettbewerb mit dem Kurz-Krimi "Über ihnen schwebte der Tod" erreicht. Daraus folgte im Frühjahr 2010 eine Veröffentlichung als Hörbuch. War das der Beginn Deiner Mitarbeit an der Edgar-Wallace-Hörspielserie? Oder kam das später?
Marc Freund: Das Phänomen „Edgar Wallace“ beschäftigt mich, seit ich ca. 8 Jahre alt war. Meine Story „Über ihnen schwebte der Tod“ war in vielerlei Hinsicht ein Glücksgriff für mich.
Sie belegte nicht nur den ersten Platz in einem Literatur-Wettbewerb, sondern wurde auch als Hörbuch vertont und war später auch die Titelgeschichte in meiner ersten Buchveröffentlichung.
Sie war also der eigentliche Startschuss für meine schriftstellerische Laufbahn. Die Arbeit an der Edgar-Wallace-Hörspielreihe des Labels „Hörplanet“ hingegen kam erst sehr viel später zustande, als es in einem Hörspiel-Forum mehr oder weniger zufällig wieder einmal um das Thema „Edgar Wallace“ ging.

Ingo Löchel:
Am 4. Februar 2011 erschien mit "Lady Bedfort und die Streiche des Hutmachers" das erste Bedfort-Hörspiel aus Deiner Feder. Wie kam es zu der Zusammenarbeit mit dem Label Hörplanet?

Marc Freund: Durch die Veröffentlichung meiner Wallace-like-Story als Hörbuch war ich beflügelt, und in mir entstand der Wunsch, mich auch einmal an einem Hörspielskript zu versuchen.
Da ich schon mehrfach von Lady Bedfort gehört hatte, entschied ich mich, eine kurze Szene zu schreiben und mich damit beim Label Hörplanet als potentieller Autor vorzustellen.
Diese Szene war aber Müll, das merkte ich kurz nach Einsenden meines Beitrags zum Glück selbst. Ich setzte mich dann also nochmal hin und verfasste ein vollständiges Lady-Bedfort-Hörspielskript und schickte es dem Hörplaneten.
Wenig später bekam ich dann von dort die Nachricht, dass die Folge für gut befunden wurde und veröffentlicht wird.
Kurz darauf war ich plötzlich Hauptautor der Serie „Lady Bedfort“ und habe seitdem 28 Folgen und sogar einen abgeschlossenen Roman abgeliefert.

Ingo Löchel: Wie lange schreibst Du an einer Folge der Hörspiel-Serie?
Marc Freund: Das ist ganz unterschiedlich. Wenn alles super läuft und ich mich voll darauf konzentrieren kann, habe ich ein Hörspiel schon in drei Tagen geschafft.
Ich denke aber, dass ich im Schnitt eher eine Woche benötige, inkl. Feinschliff und Nacharbeiten.

Ingo Löchel: Neben "Lady Bedford" und "Edgar Wallace", schreibst Du auch Hörspiele für die Serien "Charlie Chan", "Professor van Dusen" und "Sherlock Holmes - Neue Fälle". Zudem erscheint mit "Dr. Cornelius Stahl - Mörderische Abgründe" Deine eigene Hörspielserie im Verlag Roegelsnap. Wie kam es zur Idee zu "Dr. Cornelius Stahl"?
Marc Freund: Ach ja, der gute alte Doktor Cornelius Stahl. Diese Hörbuch- und eBook-Reihe gehört mit zu meinen ersten Gehversuchen als Autor.
Ich hatte damals dem Roegelsnap-Verlag einige meiner Stories angeboten und die haben dort offenbar ganz gut gefallen, jedenfalls in dem Maße, dass man von dort mit dem Vorschlag an mich herantrat, eine eigene Krimi-Serie exklusiv für den Verlag zu schreiben. Wir haben uns zusammen ein kleines Konzept überlegt, und am Ende war dies die Geburtsstunde von Doktor Cornelius Stahl.

Ingo Löchel: Erzähl uns doch etwas zu dem Protagonisten Dr. Stahl?
Marc Freund: Dr. Stahl ist ein fiktiver Charakter. Er arbeitet in Hamburg als Gerichtspsychologe. Dies ist aber eigentlich nur der Aufhänger dafür, dass Dr. Stahl immer wieder in verschiedene Kriminalfälle verwickelt wird, auch außerhalb seines eigentlichen Berufs.
Dr. Stahl ist ein schrulliger Einzelgänger, der es liebt, seine Mitmenschen zu verwirren oder auch gerne mal an den Rand des Wahnsinns zu treiben. In jeder Folge wird er von mindestens einer Person als „Spinner“ bezeichnet und ich glaube, das beschreibt ihn tatsächlich ganz gut.

Ingo Löchel: Hat diese Figur irgendwelche Vorbilder?
Marc Freund: Von der Grundkonstellation erinnert Dr. Stahl vielleicht ein wenig an Dr. House. Ich muss allerdings gestehen, dass ich diese Serie selbst nie gesehen habe und möglicherweise daher auch falsch liege. Ich habe Dr. Stahl selbst entworfen und ihn mit allerhand mehr oder weniger verrückten Eigenschaften ausgestattet.

Ingo Löchel: Hat er Helfer, die ihn bei seinen Fällen unterstützen?
Marc Freund: Dr. Stahl ist von einem Personenkreis umgeben, von dem mal die eine, mal die andere Figur auftaucht. Er arbeitet oft mit seinem Assistenten Henrik Bessmer zusammen, der gerne mal als Prügelknabe herhalten muss.
Er ist der Mann fürs Grobe. Dann gibt es da noch Hauptkommissar Karges, den mit Dr. Stahl eine Art Hassliebe verbindet.
Zudem taucht hin und wieder die spanische Reinigungsfrau Elena Menarez auf, die Stahl durch ihre Art schon oft Hinweise geliefert hat, die eigentlich gar nichts mit seinem Fall zu tun haben, aber irgendwie dann plötzlich doch.

Ingo Löchel:
2013 erschien mit "Das Haus am Abgrund" Dein erster Ostsee-Krimi im Boyens Buchverlag. Könntest Du den Lesern kurz etwas zum Inhalt des Romans erzählen?

Marc Freund: „Das Haus am Abgrund“ war mein erster Kriminalroman, den ich im Boyens-Buchverlag veröffentlicht habe. Es geht darin um eine junge Frau, die ein Haus an der Ostsee-Steilküste erbt.
Dieses Haus jedoch birgt einige Geheimnisse. Mehr und mehr gelangt die weibliche Hauptperson zu der Erkenntnis, dass es vor einigen Jahren der Schauplatz eines grausamen Verbrechens war. Zusammen mit zwei Mitstreitern macht sich Marieke Kielmann daran, das Geheimnis zu lüften, schreckt dabei aber den Mörder aus seiner Ruhe auf.
In diesem Roman geht es um ein Verbrechen, das vor 30 Jahren begangen wurde, das aber Auswirkungen auf die Jetztzeit hat. Irgendwann merken die Personen, dass es für sie keinen Weg mehr zurück gibt. Alles steuert auf die Konfrontation mit dem unbekannten Mörder zu.

Ingo Löchel: Nach "Das Haus am Abgrund" folgten die beiden Ostseekrimis "Endstation Steilküste" (2014) und Knickgeflüster (2016).
Sind die Kriminalromane der Ostsee-Reihe in sich abgeschlossen oder spielt darin ein bestimmter Protagonist die Hauptrolle?
Marc Freund: Bei den drei oben genannten Romanen handelt es sich um abgeschlossene Einzelfälle. Sie alle haben aber zwei verbindende Elemente. Das eine ist das in Band 1 titelgebende Haus am Abgrund. Dieses ist auch Schauplatz von „Endstation Steilküste“ und spielt auch in „Knickgeflüster“ eine Rolle.
In allen drei Romanen kommt zudem Hauptkommissar Axel Junge vor, dessen Rolle jedoch in den drei Bänden unterschiedlich gewichtet ist. In „Haus am Abgrund“ liegt beispielsweise der Schwerpunkt der Handlung auf anderen Figuren, während er in „Endstation Steilküste“ eine tragende Funktion hat.

Ingo Löchel: Am 15. März 2017 erschien mit "Mühlenmord" Dein vierter Ostseekrimi. Worum geht es in dem Roman?
Marc Freund: Schauplatz meines neuen Romans ist das tatsächlich existierende Museumsdorf „Unewatt“ in Norddeutschland. Eine große Rolle spielt darin die Windmühle „Demeter“, die der (fiktiven) Familie Wagenknecht gehört. Auch diese Familie wird von einem Verbrechen eingeholt, das sich vor langer Zeit in der Mühle abgespielt hat. Es scheint so, als würde auf der Familie Wagenknecht ein Fluch liegen, der sich in unregelmäßigen Abständen wiederholt.
Das Familienoberhaupt Walter Wagenknecht ist gezwungen, sein Schweigen brechen und erzählt seinen erwachsenen Kindern von dem damaligen Verbrechen. Doch damit löst er eine Kette von unglücklichen Entwicklungen aus und schon wieder liegt plötzlich in der Mühle ein Toter.
Walter und seine Familie müssen sich der Situation stellen. Als erstes schaffen sie die Leiche beiseite. Und machen damit alles nur noch schlimmer …

Ingo Löchel: Ich habe gelesen, dass 2013 Deine Hörspielfassung von Agatha Christies Roman „Karibische Affäre“ mehrfach live an Berliner Theaterbühnen aufgeführt wurde. Stimmt das?
Marc Freund: Das ist richtig. Ich schrieb damals im Auftrag ein Hörspielskript zu Agatha Christies spannendem Roman. Premiere feierte das Live-Hörspiel im Zeiss-Planetarium in Berlin und wurde später meines Wissens noch an kleineren Theatern wie z. B. im Theater am Palais in Berlin aufgeführt. Mit dabei waren unter anderem auch Santiago Ziesmer und Harald Effenberg.

Ingo Löchel: Wie war die Resonanz zu den Aufführungen?
Marc Freund: Die Premiere von „Karibische Affäre“ war für mich eine besonders schöne Erfahrung. Das Planetarium war an jenem Abend gut besucht und die Gäste waren zufrieden. Die Auftraggeber übrigens auch, denn ich durfte in der Folge auch noch zwei weitere Live-Hörspiele schreiben.

Ingo Löchel:
2015 erschien mit "Strigor, der Menschensauger" Dein erster Sinclair-Roman (JS # 1933).
Wie kam es zur Zusammenarbeit mit dem Bastei Verlag. Hast Du Dich beim Bastei Verlag beworben? Oder wie muss sich das der Laie vorstellen?
Marc Freund: Ich habe mich tatsächlich ganz klassisch bei dem Verlag beworben, und zwar mit einem Exposé und einer 20seitigen Leseprobe. Ich durfte danach den Roman zu Ende schreiben und war später zu einem persönlichen Vorstellungsgespräch beim Bastei-Verlag in Köln zu Gast.

Ingo Löchel: Bist Du selbst ein Sinclair-Fan?
Marc Freund: Ich war in den 80er Jahren, in den Sinclair sehr populär war, ein großer Fan der Romanserie und auch der Hörspiele. Die Begeisterung für den Geisterjäger hat sich auch bis heute gehalten, und es ist natürlich großartig, heute selbst für die Serie schreiben zu dürfen, die ich damals als junger Leser verschlungen habe. Es ist wie ein Kreis, der sich da schließt.

Ingo Löchel: Was war Dein erster Sinclair-Roman, den Du gelesen hast?
Marc Freund: Daran erinnere ich mich noch sehr gut. Das war der Roman Nummer 210 der Erstauflage, mit dem Titel „Drei Leichen im Garten“.
Für die Serie war es kein wirklich nennenswerter Roman, glaube ich. Aber ich fand ihn damals großartig, und er stellte für mich damals den Einstieg in die große, weite Welt der Literatur dar.

Ingo Löchel: Wo nimmst Du all die Zeit für Deine vielen Projekte? Hast Du keine Angst, dass Dir irgendwann die Ideen ausgehen?
Marc Freund: Da ich seit Anfang 2017 als selbständiger, freier Schriftsteller arbeite, habe ich das Zeitproblem, das ich noch als Angestellter hatte, jetzt endlich weitestgehend im Griff.
Angst davor, dass mir irgendwann die Ideen ausgehen oder ich in eine sogenannte Schreibblockade verfalle, habe ich nicht. Es gibt zum Glück so viele Inspirationsquellen, an denen man sich laben kann, und von irgendwoher kommen dann plötzlich auch neue Ideen, wenn sie gebraucht werden. Die Kunst dabei ist, sich nicht selbst unter Druck zu setzen. Ich weiß, dass in mir noch viele Geschichten schlummern, aber man kann sie nicht erzwingen. Sie kommen irgendwann freiwillig heraus, aber den Zeitpunkt bestimmen sie ganz allein.

Ingo Löchel: Marc, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.
Marc Freund: Ich bedanke mich ebenfalls für das Interesse. Ich hatte großen Spaß bei der Beantwortung der Fragen.

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