Ingo Löchel: Bernd, kannst Du den Lesern des Online-Magazins kurz etwas über Deine Person erzählen?
Ingo Löchel: Wie bist Du zum Schreiben gekommen?
Bernd Tezeden: An sich über Comics. Schon mit 8 Jahren habe ich Micky-Maus-Comics gezeichnet und die Sprechblasen auf der Schreibmaschine meiner Oma ausgefüllt. Das ging eine Weile so weiter, bis mir ein Perry-Rhodan-Roman in die Hände fiel (Band 607 der 1. Auflage: „Arena Eiswelt“).
Von da an begann ich, SF-Stories zu schreiben, wechselte bald aber schon zu Gruselgeschichten. Die Idee zum „Höllenjäger“ kam mir etwa Mitte der 80er Jahre, als ich begeistert „Der Hexer“ von Wolfgang Hohlbein las. Mir gefiel dieses subtile Grauen, das er beschrieb, ohne irgendwelche schrägen „Monster der Woche“ einzubauen. – Das wollte ich auch schreiben!
Da ich aber zu dieser Zeit in Lüneburg stationiert war, blieb mir nur die Möglichkeit, mit freundlicher Genehmigung meines Oberleutnants die Schreibmaschine des Sekretariats auszuleihen und am Wochenende fröhlich zu tippen.
Im Nachhinein muss ich allerdings zugeben, dass meine ersten ernsthaften Schreibversuche doch arg hölzern wirkten, sodass der „Höllenjäger“ knapp zwanzig Jahre später eine Frischzellenkur erfuhr und inhaltlich sowie semantisch komplett überarbeitet wurde. Mit „Black Jericho“ habe ich mich bzgl. schriftstellerischer Qualität verbessert und war nach den „Raumfalken“ schließlich bereit für „größere“ Aufgaben.
Ingo Löchel: Wie kam es zur Zusammenarbeiten mit dem Bastei Verlag? Hast Du Dich ganz ‚klassisch‘ als „Lassiter“-Autor beim Verlag beworben?
Bernd Tezeden: Eine Bewerbung gab es nicht. Ich hatte auch nicht viel am Hut mit Western-Romanen. Es gab von mir lediglich die Mini-Serie „Shannice Starr“ als E-Book auf Amazon. Dahingehend betrachtet bin ich zu „Lassiter“ gekommen wie die Jungfrau zum Kind. Ich war Mitglied der Facebook-Gruppe „Heftromanserien“.
Irgendwer postete damals in irgendeinem Thread, dass Helmut Rellergerd angeblich 1.400 Euro für einen Roman bekommen sollte. Ich schrieb daraufhin: „Das mache ich für die Hälfte!“ Und das war durchaus ernst gemeint, schließlich hatte ich alle meine Serien, bis auf die „Raumfalken“, kostenlos geschrieben, um einfach mal veröffentlicht zu werden.
Es dauerte dann nicht lange, und „Mad Mike“ Schönenbröcher meldete sich in dem Thread. „Was hast Du denn bisher so geschrieben?“, fragte er. Ich antwortete, dass alles dabei sei, von SF über Grusel bis Western.
Der Western interessierte ihn, da er gerade auf der Suche nach neuen Lassiter-Autoren war. Ich habe ihm per Mail einen „Shannice“-Roman geschickt, und er meinte, man könne es einmal mit „Lassiter“ versuchen. Dieser Versuch erschien schließlich als Band 2242: „Der Killer ohne Gesicht“. Seitdem bin ich dabei.
Bernd Tezeden: Nun ja, ich hatte zuvor den Mini-Zyklus um „Die Dunkle Brigade“ entworfen, der die Zerschlagung der Brigade Sieben zum Thema hat. Jetzt schwebte mir vor, daran anzuknüpfen, Lassiters weiteren Werdegang zu beschreiben und das Thema „Finanzwirtschaft“ aufzugreifen. Mike fand das ganz in Ordnung, sodass ich ein Konzept über fünf Bände erstellte.
Das Problem war, dass es sich nicht um „echte“ Western handelte, auch aufgrund der Handlungsorte im Osten der USA. Es gab einen regen Mail-Austausch zwischen meinem Lieblingsredakteur und mir, bis das Grundkonzept halbwegs angepasst war, um noch als Western durchzugehen. Auch die Grundintention, die geradezu mafiösen Strukturen des Finanzsystems in den Fokus zu stellen, ging ein wenig verloren. Das kann ich jedoch gut verstehen, weil ja kein „politischer Western“ geliefert werden sollte.
Ingo Löchel: Neben Dir schrieben noch die Autoren Katja Martens (Katrin Ulbrich), Kolja van Horn (Thorsten Wilkens) und Marthy J. Cannary (Marco M. Weber) an dem Fünfteiler mit. Beim Lesen des Mehrteilers hatte ich den sehr starken Eindruck, dass es sich bei „Das Kartell“ nicht um einen Mehrteiler, sondern um eine Aneinanderreihung von Einzelromanen handelte, in der die übrigen Autoren bemüht waren, irgendwie eine Handlung für ihre Romane zusammenzubekommen.
Sprachen sich die Autoren für den Mehrteiler untereinander nicht ab? Bzw. gab es keine Hintergrundinformation an die sich die Autoren bezüglich der Handlung des Fünfteilers irgendwie orientieren konnten?
Bernd Tezeden: Wie bereits angedeutet, gab es ein Handlungsexposé, das an alle beteiligten Autoren ging. Mir war allerdings wichtig, die Kreativität der Kollegen nicht einzuschränken (was bei „Die Dunkle Brigade“ aufgrund der straffen Handlung nicht völlig vermieden werden konnte) und lediglich einen losen roten Faden zu spinnen.
Jeder sollte seine Ideen einbringen können, was zu einem Wust an Mails geführt hat (ich glaube, ich habe irgendwann auch den Überblick verloren).
Alle Romane sind von mir gelesen und an gewissen Stellen angepasst worden, um eine gewisse Konsistenz zu erreichen. Das Lektorat hat natürlich Mike übernommen – doch falls es zu Unstimmigkeiten gekommen ist, kann man es ihm nicht anlasten. Schließlich ist es nicht seine Aufgabe, Romane umzuschreiben. Da darfst Du gern mir die Clowns-Nase aufsetzen.
Ingo Löchel: Der Fünfteiler „Das Kartell“ spielt im Jahr 1894, zwei Jahre nachdem die Brigade Sieben vernichtet wurde. Danach spielen die „Lassiter-Romane wieder vor den Ereignissen des Fünfteilers. Aus welchen Gründen wurde die Handlung des Mehrteilers nach Band 2604 nicht weitergeführt?
Bernd Tezeden: Der Leser will den „Mann der Brigade Sieben“. Die Stories für die Jubiläumsbände 2400, 2500 und 2600 waren lediglich experimentell. Dafür auch ein herzliches Danke an Mike, der uns Autoren wirklich viele Freiheiten lässt und auch ungewöhnliche Themen durchwinkt. Generell aber soll das klassische Western-Genre bedient werden. Natürlich hat sich seit dem Start der Serie einiges verändert, vor allem der Schreibstil, doch die Grundpfeiler sind erhalten geblieben.
Bernd Tezeden: Alle fünf Cover wurden von Néstor Taylor, Stammkünstler bei „Maddrax“, nach Bildbeschreibungen gezeichnet. Auch eine Idee von Mike. So weit ich weiß, gab es bisher nur selten speziell angefertigte Titelbilder für „Lassiter“.
Ingo Löchel: Wie lange schreibst Du an einem Roman?
Bernd Tezeden: Etwa 5 bis 6 Tage, gern auch mal zwei Wochen. Es hat allerdings schon Fälle deutlichen Verzugs gegeben, wo Verlag, Setzerei und Druckerei mir Killer auf den Hals gehetzt haben.
Ingo Löchel: Wie wichtig sind für Dich Recherchen für Deine Lassiter-Romane?
Bernd Tezeden: In mancher Hinsicht sind sie dringend erforderlich, in anderer nicht. Ich kann etwa die Handlung in einen bestimmten Bundesstaat verlegen und mir irgendwelche Orte ausdenken, ohne dass diese tatsächlich existiert haben müssen. Das fällt keinem auf. Mache ich aber Rückbezüge auf geschichtliche Ereignisse, etwa den Bürgerkrieg, muss ich wissen, wo was stattgefunden hat.
Ich sollte Kenntnisse der militärischen Dienstgrade zu jener Zeit haben, wissen, welche Waffen eingesetzt wurden. Das kann hingehen bis zur Verpflegung der Soldaten und dem Besteck eines Arztes, der einen Verwundeten versorgt. Hundertprozentig akkurat wird es wohl nie sein, doch ich persönlich habe mir eine Menge Bücher aus der „Time-Life“-Serie zugelegt, die im Detail den „Wilden Westen“ behandeln.
Letztlich gibt es aber doch Grenzen der Recherche, die mit der Fantasie aufgefüllt werden. Das ist nicht anders möglich, sonst käme man nicht mehr zum Schreiben. Autoren wie Dietmar Kügler oder Alfred Wallon haben deutlich bessere Geschichtskenntnisse als ich und können eine Menge mehr Informationen in ihre Bücher und Romane einfließen lassen.
Ich tue, was ich kann, und ich denke, dass meine Romane zum größten Teil unterhalten. Mission erfüllt!
Ingo Löchel: Hast Du literarische Vorbilder, die Dich bei Deinen Romanen beeinflusst bzw. inspiriert haben?
Bernd Tezeden: Nicht nur literarische, vor allem sind es Anregungen, die ich von Filmen bekomme, von einem Musikstück oder einem Bild. Egal, wie geringfügig die Informationen sein mögen, beginnt automatisch das Kopfkino.
Ein Beispiel: Der Schauspieler Samuel L. Jackson hat mich zu dem Roman „Ein schneller Colt für Emily“ inspiriert (Lassiter 2292). Er hat darin sogar eine Hauptrolle. Und beim Schreiben ist es so weit gegangen, dass ich viele Dialoge laut gelesen habe, um zu hören, ob sie wirklich authentisch sind.
Weiterhin gibt es eine Hommage an den Walter-Hill-Film „Last Man Standing“, der bei mir „Standhaft bis zum Schluss“ heißt und als „Lassiter“ 2555 erschienen ist. Auch gibt es eine Clint-Eastwood-Huldigung für seinen Film „Gran Torino“. Als „Old Man Johnson“ ist diese mit Band 2568 erschienen.
Ingo Löchel: Was unterscheidet Deiner Meinung nach Deine Romane von anderen Romanen des Western-Genres?
Bernd Tezeden: Das kann ich beim besten Willen nicht sagen! Ich lese keine Western-Romane (bis auf die wenigen Ausnahmen der Kollegen zu den Mehrteiler-Jubiläen). Was ich möchte, ist, modernes Kino einfließen zu lassen, um es praktisch ins bekannte Western-Gewand zu kleiden.
Dazu gehören schräge Dialoge und auch schon mal eine Handlung, die sich mit aktuellen Geschehnissen auseinandersetzt. Ein konkretes Beispiel dafür wäre mein Roman „Er predigte mit Blei“ (ich glaube, es war Band 2540), der sich so nebenbei mit einer Epidemie und dem „Maskentragen“ auseinandergesetzt hat. – Das hat auch nicht jedem gefallen. Zumindest hat mich die Redaktion auf äußerst kritische Foren-Einträge aufmerksam gemacht.
Schließlich gab es dann noch einen Roman, der im Jahr 1951 spielt und in der Rückschau die Erlebnisse einer Indianerin mit Lassiter behandelt. Ich fand es einfach mal interessant, die Handlung ins 20. Jahrhundert zu verlegen.
Und vielleicht kommt da noch mehr! Denn da Lassiter als 17-Jähriger im Bürgerkrieg gekämpft hat, schätze ich mal, dass er um 1845 geboren wurde. Das heißt, er könnte durchaus noch den Ersten Weltkrieg aus der Entfernung mitbekommen (eine Anspielung auf die Weltkriege gab es bereits in Band 2409).
Ingo Löchel: Welche Lassiter-Romane werden demnächst von Dir erscheinen?
Bernd Tezeden: Zum Zeitpunkt dieses Interviews steht Band 2629 „Wildcats letzter Trumpf“ in den Startlöchern. Danach erscheint als Band 2641 „Sein letzter Shootout“ und als Nr. 2645 „Drei Colts für Sheryl“.
Nach Absprache mit der Redaktion bereite ich auch einen Roman über Lassiters Ausbildung vor, kurz nachdem er für die Brigade Sieben rekrutiert wurde. Zeitlich spielt der Roman zwangsläufig zwischen „Lassiter“ Band 396 und 397.
Ingo Löchel: Kannst Du schon etwas zum Inhalt der Romane verraten?
Bernd Tezeden: Das könnte ich, würde ich mir die Mühe machen, in den Exposés nachzuschlagen.
Ingo Löchel: Schreibst Du neben „Lassiter“ auch noch an anderen Serien mit?
Bernd Tezeden: Ich habe mich vor Jahren mal bei „John Sinclair“ beworben, wurde aber dankend abgelehnt. Die Spuren meiner damals vergossenen Tränen haben sich tief in mein Gesicht eingegraben. Von daher: Nein, ich schreibe bei keiner anderen Serie mit.
Ingo Löchel: Bernd, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.
Bernd Tezeden: Es war mir ein köstliches Vergnügen, Ingo!
Die Lassiter-Romane von Bernd Tezeden (Des Romero)
- 2242 Der Killer ohne Gesicht
- 2252 Sterben für Melissa
- 2258 Bis zum letzten Atemzug
- 2276 Ehrlos und geächte
- 2280 Im Visier der Brigade Sieben
- 2286 Gleisstrang in den Tod
- 2290 Ein schneller Colt für Emily
- 2296 Stadt der Henker (1)
- 2297 Hetzjagd auf Seth Cameron (2)
- 2302 Zwei Pokerhexen trumpfen auf
- 2311 Sheridans Gesetz
- 2315 Bete, wenn dich Loca hetzt
- 2319 Sie kannte kein Gesetz
- 2323 Todesmelodie in Blei
- 2327 Die Lady und der Satteltramp
- 2328 Das Ende eines Höllenhundes
- 2333 Ein kaltes Grab für Sally
- 2337 Stoppt Lassiter um jeden Preis!
- 2340 Der Boss war eine Lady
- 2345 Nur ein Sheriff aus Dakota
- 2350 Leg dich nicht mit Caitlin an
- 2356 Für die Ehre einer Hure
- 2359 Der Blutschwur des Outlaws
- 2364 Im Tal der Ausgestoßenen
- 2367 Aufstand der Todgeweihten
- 2370 Die Nackte und der Gunman
- 2376 Kein Entkommen für Jonah Woods
- 2380 Blutpfad der Apachen
- 2385 Auge in Auge mit dem Tod
- 2389 Die Menschenjäger von Montana
- 2393 Des Teufels bester Spieler
- 2397 Zum Töten verdammt
- 2400 Die Dunkle Brigade (1)
- 2403 Du sollst nicht töten (4)
- 2409 Der Pfad der Gerechten (10)
- 2413 Die Peacemaker-Lady
- 2416 Ein leichtes Mädchen aus Kentucky
- 2419 Ein Marshal auf Abwegen
- 2424 Von Desperados umzingelt
- 2428 Stadt in Aufruhr
- 2436 Flammen über River Hill
- 2439 Die Nymphe und der Krieger
- 2443 Jagd auf das Feuerross
- 2447 Heiße Liebe – kalter Tod
- 2454 Gefangene der Felsenfestung
- 2460 Allein gegen die Meute
- 2461 Die Unerbittliche
- 2467 Lassiter in Ketten
- 2471 Der Outlaw und die Tänzerin
- 2475 Spiel um dein Leben, Lassiter!
- 2494 Bete und stirb, Gringo!
- 2504 Der Gunman und die Teufelin
- 2521 Die Killer-Brigade
- 2525 Requiem für Liberty Rose
- 2528 Ein Satteltramp aus Idaho
- 2533 Handlanger des Teufels
- 2536 Marshal ohne Gnade
- 2540 Er predigte mit Blei
- 2550 Bandoleros
- 2555 Standhaft bis zum Schluss
- 2565 Bis dass der Colt uns scheidet
- 2568 Old Man Johnson
- 2573 Lassiter – zum Abschuss freigegeben
- 2577 Gauner, Gambler und Gewehre
- 2581 Gunslinger-Girl
- 2585 Ein Paar wie Dynamit
- 2590 Meine letzte Kugel für Kitty
- 2600 Die Unbeugsamen (1)
- 2604 Die Wurzel allen Übels (5)
- 2610 Die Squaw und der Killer
- 2616 Ein eisenharter Hundesohn
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