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Donnerstag, 31. März 2022

Ein "Kommmissar X"- Interview mit dem Autor Fritjof G. Haft

Ingo Löchel: Herr Haft. Könnten Sie den Lesern kurz etwas über Ihre Person erzählen. 

Fritjof G. Haft: Ich habe in München Jura studiert, war einige Jahre bei der Münchener Rück tätig und bin dann an die Uni berufen worden. Ich hatte in Tübingen einen Lehrstuhl für Strafrecht und Rechtsinformatik und werde Anfang 2011 einen entsprechende Professur an der neu gegründeten privaten EBS Law School der EBS Universität in Wiesbaden übernehmen.

Vor zehn Jahren habe ich ein Software-Unternehmen gegründet, die Normfall GmbH, das Unterstützung für alle bietet, die Komplexität bewältigen müssen, in erster Linie natürlich Juristen (www.normfall.de). Damit kann man auch Bücher schreiben und Informationen aller Art vieldimensional verwalten.

Ingo Löchel: Wie sind Sie zum Schreiben gekommen?

Fritjof G. Haft: Ich hatte viel gelesen und musste mir mein Studium selbst verdienen. Das Schreiben von Krimis bot mir eine Möglichkeit, dies zu tun und dabei meine Zeit frei einzuteilen.

Ingo Löchel: Hatten Sie  Vorbilder  aus  lhrer  Kinder-  oder  Jugendzeit,  an  denen  Sie  sich  beim Schreiben lhrer Romane und Geschichten orientierten?

Fritjof G. Haft: Ja, viele. Ich habe sehr früh Karl May gelesen, dann die Abenteurerromane, die es damals gab, z.B. Friedrich Gerstäcker, und dann sehr viele Bücher, von denen ich mir wünschte, ich könnte sie noch einmal zum ersten mal lesen, z.B. Lion Feuchtwanger, Hans Fallada und natürlich auch Thomas Mann, Tolstoi und viele andere. Von Krimis habe ich Patricia Highsmith gelesen, Chandler und viele andere. Ich vermisse bei unseren heutigen Studenten das Lesen.

Ingo Löchel: Wann, wo und unter welchen Titeln wurden ihre ersten Romane veröffentlicht?

Fritjof G. Haft: Das waren Leihbücher im Balowa Verlag in Balve/ Westfalen. Damals gab es noch Leibüchereien. Ungefähr zehn Stück mit Titeln wie „Schatten über der Seine“, „Die gefährliche Erbschaft u.ä.“

Ingo Löchel: Können Sie sich noch daran erinnern, wie sie zum „KOMMISSAR X“-Team gestoßen sind?  Standen Sie schon vorher  in irgendeiner Beziehung zu KX oder dem Pabel Verlag oder kamen sie erst als Autor mit KX in Kontakt?

Fritjof G. Haft: Erst als Autor, wahrscheinlich über die Leihbücher – Details weiß ich nicht mehr. Parallel zu Kommissar X habe ich für Jerry Cotton geschrieben. Das war die Konkurrenz.

Ingo Löchel: Wie viele Heftromane schrieben Sie für die Krimi-Serie?

Fritjof G. Haft: Deutlich über hundert, die Jerry Cottons natürlich eingeschlossen. Ungefähr ein Meter im Regal.

Ingo Löchel: Wie  muss  man  sich  Arbeit  als  Autor  an  einer  Serie  wie  KX  vorstellen?  Gab  es bestimmte Vorgaben für die Serie oder hatten Sie freie Hand beim Schreiben der KX - Romane und der Entwicklung von Joe Walker?

Fritjof G. Haft: Es gab natürlich Vorgaben, aber die waren bei KX längst nicht so strikt wie bei Jerry Cotton. Wenn ich es salopp ausdrücken soll – Jo Walker war humoristisch angelegt, mit einem Augenzwinkern, während Jerry Cotton eher eine spießige Figur war, bierernst, bei der z.B. Sex völlig tabu war (was damals ohnehin nur in Andeutungen vorkam).

Ich habe kürzlich gelesen, daß Jerry Cotton als Serie immer noch existiert und habe den Bastei Verlag angerufen. Ich hatte die Idee, einen Roman zu schreiben, in dem Jerry Cotton inzwischen das biblische Alter von neunzig oder mehr Jahren erreicht hat, das er rein rechnerisch haben muss, und gewissermaßen im Rollstuhl noch ermittelt. Aber die Bastei Leute nehmen diese Sache unverändert bierernst. Anscheinend macht sich dort kein Leser über die Biologie Gedanken – nun ja.

Ingo Löchel: Hatten Sie freie  Hand beim Schreiben der  KX - Romane und der  Entwicklung von Joe Walker oder gab es für die Autoren der Serie keine Möglichkeit an der Figur des KX zu feilen und sie auszubauen?

Fritjof G. Haft: Ich hatte freie Hand. Es musste halt New York sein. Anfangs hatte ich einen Stadtplan von New York benutzt, dann war mir das aber zu lästig und ich ließ Jo Walker in seinem Mercedes 190 SL (Jerry Cotton fuhr einen Jaguar E-Type) einfach durch erfundene Straßen fahren. Damals reiste noch kein Mensch nach New York, so daß das nicht weiter auffiel. Aber eines Tages beschwerten sich Matrosen eines deutschen Handelsschiffes. Sie hatten versucht, Manhattan auf den Spuren von Kommissar X zu durchstreifen.

Fritjof G. Haft: Wer war zu ihrer KX - Zeit für die Exposes der Serie zuständig  und aus welchen Leuten bestand damals die Redaktion der Serie?

Fritjof G. Haft: Robert F. Atkinson – ein sehr sympathischer und witziger Engländer. An die Leute im Pabel-Verlag erinnere ich mich nicht näher.

Ingo Löchel: Verfassten Sie auch Taschenbücher?

Fritjof G. Haft: Ja, ungefähr zehn, teils Jerry Cotton, teils Kommissar X.

Ingo Löchel: Können Sie sich noch an einige der Taschenbuchtitel erinnern?

Fritjof G. Haft: Bei KX „Der Erbe des Teufels“ und „Tod durch zarte Hände“ (als Autor gab der Verlag dazu „Fred Henry“ an). Bei Jerry Cotton „Zum Geburtstag einen Toten“ und „Ein Toter taucht auf“. Die habe ich sogar noch. Auch gab es damals einen Film nach einem Roman von mir (ob bei KX oder Jerry Cotton weiß ich nicht mehr), und als ich den im Matthäser Kino in München gesehen hatte, erkannte ich nichts wieder und schrieb daraufhin einen neuen Krimi nach dem Film.

Ingo Löchel: 1969 schrieben Sie - meines Wissens - mit Band 546 „“STIRB, SCHNÜFFLER“ Ihren letzten KX-Roman. Was war der Grund für den Ausstieg aus der Serie?

Fritjof G. Haft: Ich hatte mein Assessorexamen absolviert und war zur Münchener Rück gegangen. Ich wollte ein ernsthafter Jurist werden. Krimis wollte ich nicht mehr schreiben – die Bezahlung war ja indiskutabel schlecht, und literarisch bewegte ich mich damit – sagen wir – eher im mittleren Bereich.

Um jegliche Rückfallgefahr auszuschließen, veröffentlichte ich in der Wochenschrift „Zeit“ einen ganzseitigen Artikel über die sieben Jerry-Cotton-Regeln für die Literatur. Der wurde dann viele Jahre in Schulbüchern nachgedruckt und ich bekam jährlich von der VG Wort eine Tantieme in der Größenordnung von zehn DM. Der Bastei-Verleger, der damals gerade das Bundesverdienstkreuz erhalten hatte, war empört und gab hausintern Order, mit dem Verfasser dieses Artikels nie mehr zusammenzuarbeiten.

Die Zeit-Redaktion hatte freilich meinen Namen falsch geschrieben, nämlich „Fritjof Jaft“. So meldete sich ein Bastei-Redakteur bei mir und sagte mir, mit „Fritjof Haft“ zusammenzuarbeiten sei ihm nicht untersagt. So schrieb ich noch einige Krimis, aber dann war Schluß.

Ingo Löchel: Wie würden Sie die Figur des Jo Walker bezeichnen? Ist er der typische Krimi - Held oder doch eher eine Figur mit Ecken und Kanten, die sich von den üblichen ,Helden' abhebt?

Fritjof G. Haft: Weder noch. Ich habe ihn nicht ernst genommen, und die Leser, glaube ich, auch nicht. Bei Jerry Cotton war das anders. Da gaukelt der Verlag den Lesern heute noch vor, sie gewännen Einblicke in das Innerste des FBI.

Ingo Löchel: Was machten Sie nach dem Ausstieg aus der Krimi-Serie?

Fritjof Haft: Ein paar Jahre habe ich in der Süddeutschen Zeitung unter dem Pseudonym Klaus Millau Satiren auf der letzten Seite am Wochenende geschrieben, u.a. Millaus Polit-Lexikon.

Ingo Löchel: Schrieben Sie danach noch für andere Serie und waren Sie weiterhin als Autor tätig?

Fritjof Haft: Für andere Serien habe ich nicht geschrieben. Ich habe viele juristische Bücher geschrieben, über Strafrecht, Computer im Recht u. dgl. mehr, darunter zwei, die auch für Nichtjuristen interessant sind, nämlich „Aus der Waagschale der Justitia eine Reise durch 4000 Jahre Rechtsgeschichte““ (bei Beck im dtv erschienen) und die „Juristische Schreibschule“, in der ich die Geheimnisse des juristischen Schreibens verrate. Die letztere ist in meiner eigenen Normfall GmbH erschienen,  die auch als Verlag tätig ist. Sie wird via Internet verkauft, meistens auf Anforderung von Buchhandlungen.

Ingo Löchel: Herr Haft, vielen Dank für die Beantwortung der Fragen.

Fritjof G. Haft: Ich danke für Ihr Interesse.

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