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Sonntag, 26. Mai 2024

The Black Stone Magazin # 6

The Black Stone Magazine # 6

Atlantis

Vorwort

Nachdem ich diverse Sachbücher über Atlantis gelesen hatte, entstand Ende der 1990er Jahren die Idee zum letzten König von Atlantis.

Daraus wiederum entstand Anfang der 2000er Jahre die Serie „Bakur – Der letzte König von Atlantis“, eine Mischung aus Gegenwarts- und Vergangenheitsabenteuer, die mit dem Kurzroman „Der letzte König von Atlantis“ (2002) startete.

Nach den Fortsetzungen

  • „Das Auge des Horus“ (2002)
  • „Die Akasha-Chronik“ (2003)
  • und „Die dunkle Bruderschaft“ (2003)

herrschte bis heute erst einmal Stillstand, da ich mich danach anderen Projekten zuwandte…

 

Inhalt

  • Auszug aus „Der letzte König von Atlantis“

 

Der letzte König von Atlantis

von Ingo Löchel

Joscelin Bakour hatte Maurice genau zugehört und drehte nun - durch das Erzählte neugierig geworden - den Stein, den ihm Maurice gegeben hatte, herum, und betrachtete das Geschriebene auf der rauen Oberfläche.

"Ist das etwa Portugiesisch?" Maurice nickte.

"Und? Konnten Sie es schon übersetzen?", fragte Joscelin den Archäologen.

"Ja. Mein Portugiesisch ist zwar nicht das Beste, aber meiner Meinung nach steht auf dem Stein folgendes geschrieben:

 „1503. MANUEL GARABAO.

BALD MUSS ICH STERBEN.

VERLIESS DAS LAND, WOHER DIE GÖTTER KAMEN,

DAMIT DAS WISSEN NICHT VERLOREN GEHT."

„Können Sie damit etwas anfangen, alter Freund?“

"Atlantis", murmelte Bakour. Seine Augen begannen zu glänzen und in einem unheimlichen Licht zu leuchten.

Joscelins Unentschlossenheit, die ihn jahrzehntelang in ihren Bann geschlagen und ihn nahezu zur Untätigkeit verdammt hatte, war plötzlich wie weggefegt. Denn er fühlte sich wie neu geboren.

"Was haben Sie gesagt?", fragte ihn Maurice.

"Zeigen Sie mir bitte die Karte, die Sie gefunden haben, Maurice!", erwiderte er erregt.

Der Archäologe nickte stumm und reichte ihm das 'Leder'.

Mit zitternden Händen nahm Joscelin die Karte entgegen und überprüfte das Material eingehend.

"Ich habe es gewusst. Die Karte zeigte ganz eindeutig Atlantis!"

Maurice Chatelain sah Bakour überrascht an. Sein Freund Joscelin Bakour hatte ihm schon oft Geschichten über diesen sagenhaften Kontinent erzählt, der nach Plato vor über zehntausend Jahren durch eine Naturkatastrophe versunken sein soll.

Anfangs hatte er - als eingefleischter Wissenschaftler und skeptischer Mensch, der nur an das glaubte, was er mit eigenen Augen sah - über dessen Erzählungen gelacht und nur aus Höflichkeit zugehört.

Aber dann, nach und nach, war seine Skepsis gewichen und hatte einem regen Interesse Platz gemacht, das nicht nur seiner angeborenen Neugierde zuzuschreiben, sondern auch eine Reaktion auf die exakten und fesselnden Beschreibungen und Erzählungen des Kontinents waren.

Es war, als hätte sein Freund Bakour alles mit eigenen Augen erlebt. Aber das war natürlich nicht möglich.

Aber auch seine eigenen Nachforschungen hatten Merkwürdiges und einige Ungereimtheiten ans Licht gebracht.

So war der Archäologe auf eine ominöse Bruderschaft gestoßen, die sich die "Kinder des Belial" nannte und sich als ‚Erben von Atlantis' betrachtete.

Bakour hatte er davon nichts erzählt. Vielleicht würde er das einmal später nachholen, wenn er die Zeit dazu gekommen sah und es für richtig hielt.

Nach allem, was er bisher erfahren hatte, konnte sich Maurice des Eindrucks nicht erwehren, dass an Atlantis doch mehr dran war, als er anfangs geglaubt hatte. Hatte der Kontinent vielleicht doch in ferner Vergangenheit existiert?

Aber zugeben wollte Maurice das als alter Skeptiker natürlich nicht. Deshalb versuchte er seinen Freund auch weiterhin mit seinen kleinen Sticheleien zu ärgern.

"Aber Joscelin, ich bitte Sie."

"Schauen Sie sich die Karte doch einmal genau an, Maurice. Es gibt eine ähnliche Karte, die aber erst im 17. Jahrhundert von Athanasius Kircher in seinem Werk ‚MUNDUS SUBTERRANEUS' veröffentlicht wurde. Ich glaube, es war im Jahre 1678."

"Wenn Sie es sagen" bemerkte der Archäologe skeptisch, aber mit dem Anflug eines Lächelns.

"Mit der neueren Geschichte habe ich mich noch nie so richtig beschäftigt, sieht man einmal von den Nachforschungen über die früheren Gefangenen im Turm ab. Mein Steckenpferd ist nach wie vor die Ägyptologie sowie die Antike, wie Sie ja wissen."

"Aber vielleicht hätten Sie sich einmal etwas konkreter mit diesem Teil der Geschichte beschäftigen sollen, alter Freund. Auch die neuere Geschichte kann ein sehr interessanter Pfad des Wissens und des Entdeckens sein."

"Kann schon sein", entgegnete Maurice. "Und was ist nun mit dem Siegelring?"

"Es zeigt ganz eindeutig das Wappen und das königliche Siegel von Atlantis, den goldenen Dreizack!"

"Aber, aber, alter Freund, Ihre Phantasie scheint mal wieder mit Ihnen durchzugehen."

Bakour ging auf die Sticheleien seines Freundes nicht ein, denn er wusste, dass ihn der Archäologe nur ärgern wollte und es nicht wirklich ernst und böse meinte.

"Woher, glauben Sie, weiß ich so viel über Atlantis? Meinen Sie etwa, ich habe das alles nur erfunden, um Sie zu beeindrucken oder es in Büchern gelesen?"

Bakour  sah seinen Freund an und erkannte in dessen Augen die Wahrheit.

"Nein, nein, Maurice. Ihre Augen verraten Sie. Ihre zur Schau getragene Skepsis ist nur ein Schutzschild.

Ich glaube, Sie wissen mehr, als Sie mir sagen oder als Wissenschaftler zugeben und sich eingestehen wollen. Ich werden Ihnen nun einen Beweis liefern!"

Bakour öffnete den Reißverschluss seiner Jacke und die ersten drei Knöpfe seines Hemdes und holte eine silberne Kette hervor, an der ein Amulett hing.

Als er Maurice den Anhänger entgegenhielt, stutzte der Archäologe. Es zeigte eindeutig das gleiche Motiv wie auf dem Ring des Portugiesen.

Das Bild wurde jedoch noch von einer goldenen Krone ergänzt, die über dem Dreizack schwebte.

"Das, mein Freund, ist das königliche Siegel von Atlantis. Ein Erbstück meiner Familie. Vom Vater auf den Sohn weitergereicht."

Maurice lächelte ungläubig. "Und die Krone auf dem Amulett versinnbildlicht wohl eines der zehn Königshäuser von Atlantis", erwiderte der Archäologe spöttisch.

"Aha. Es scheint, Sie haben Ihre Hausaufgaben gemacht, Maurice. Sie haben also doch eigene Nachforschungen über Atlantis angestellt?"

Der Archäologe wollte es zwar erst nicht zugegeben, nickte aber schließlich stumm.

"Dann müssten Sie ja inzwischen auch auf einige Ungereimtheiten gestoßen sein. Überzeugt Sie dieser Fund denn nicht ein bisschen, alter Freund?"

"Dieser Fund könnte alles und nichts bedeuten ", antwortete Maurice bestimmt.

Bakour sah seinen Freund wortlos an.

"Jetzt spricht wohl wieder der Wissenschaftler aus Ihrem Mund?"

"Was soll ich denn glauben? Dass der Besitzer des Ringes und der Karte ein ehemaliger Atlanter gewesen ist, der vor dem Untergang seine Heimat verließ und höchstwahrscheinlich der königlichen Familie angehörte?"

"Genau!" Der Archäologe grinste.

"Nein, Bakour, tut mir leid, aber das kann ich nun wirklich nicht akzeptieren. Es gibt keine wissenschaftlichen Beweise für die Existenz eines achten Kontinents.“

Diesmal war es Joscelin, der lächelte.

"Gehen wir doch einmal - rein hypothetisch natürlich - davon aus, dass Atlantis wirklich existiert hat und Manuel Garabao tatsächlich ein Atlanter gewesen ist."

"Gut. Gehen wir einmal von dieser Annahme aus. Dann müsste er ja all die Jahrtausende überlebt haben. Und das ist wiederum unmöglich. Kein Mensch lebt so lange!"

"Nein, Maurice. Kein Mensch. Aber für einen Atlanter ist das nicht unmöglich.

Wir besaßen damals gewisse Tränke, um unser Leben zu verlängern."

Der Archäologe stutzte."Was heißt hier wir?"

"Ich bin auch ein Atlanter, Maurice!"

Der Archäologe sah seinen Freund erstaunt an.

"Also wirklich, Joscelin."

Bakour musste seinen Freund unbedingt überzeugen und wusste dafür nur noch eine einzige Möglichkeit, die ihm dabei half.

"Nehmen Sie mein Amulett in Ihre linke Hand und Sie werden die Wahrheit schneller erfahren, als ihnen lieb ist, alter Freund", unterbrach er den Archäologen.

"Die Entscheidung liegt aber ganz bei Ihnen. Entscheiden Sie sich jetzt oder lassen Sie es, aber dann werden Sie die Wahrheit vielleicht niemals erfahren."

Bakour wusste, dass er mit seinen Worten die Neugierde seines Freundes geweckt hatte.

Widerstrebend nahm Maurice schließlich das Amulett in seine linke Hand.

Als sich seine Finger darum schlossen, spürte er ein leichtes Kribbeln, das erst seine Finger und seine Hand ergriff, um dann seinen ganzen Körper zu erfassen.

Er schloss instinktiv entspannt die Augen und sah plötzlich Bilder einer ihm fremden Welt, aus einer längst vergangenen Epoche, vor seinem inneren Auge auftauchen.

Der Archäologe erkannte fremdartige Gebäude und Menschen in seltsamer, aber doch sehr modern wirkender Kleidung.

"Was...?", versuchte er zu sagen, doch seine Stimme versagte ihm.

"Was Sie jetzt sehen", beruhigte ihn Bakour, "sind die gespeicherten Erinnerungen an meine Heimat Atlantis, so wie es vor dem Untergang ausgesehen hat."

"Aber, das ist unmöglich. Keine mir bekannte Technologie wäre heute dazu in der Lage, so etwas zu vollbringen."

"Das ist richtig, aber im Grunde ist nichts unmöglich. Die einstige Technologie der Atlanter war in manchen Bereichen viel weiter fortgeschritten als die der heutigen Menschheit, obwohl sie auch nur ein Abglanz einer noch viel älteren Kultur gewesen ist.

Denn sie müssen wissen, Maurice, es existierten viele Kulturen weit vor denen der Atlanter, die auch auf die eine oder andere Weise untergegangen sind.

Und auf den Ruinen dieser alten Kulturen erbauten die Überlebenden oder die neuen Einwanderer eine Neue.

So machten es die Goten, die Merowinger und die Franken, nachdem das Weströmische Reich untergegangen war, und die Makedonen, nachdem das Reich der Perser versank.

Es gibt viele andere Beispiele aus der Geschichte, die ich hier noch aufzählen könnte, Maurice."

Der Archäologe musste das Gehörte erst einmal verdauen, fasste sich aber relativ schnell wieder.

Denn sein aufkommendes Erstaunen wich augenblicklich wieder der wissenschaftlichen Skepsis. Konnte oder wollte er das Ganze nicht glauben?

Sein Freund Joscelin Bakour sollte ein Atlanter sein?

Maurice konnte sich mit dem Gedanken einfach nicht anfreunden.

"Nein", erwiderte er und schüttelte den Kopf, "es tut mir leid, Joscelin, aber das kann ich nun wirklich nicht glauben."

"Gut, ich akzeptiere Ihre Antwort. Doch Sie werden Ihre Meinung noch ändern."

"Nein, das glaube ich nicht."Bakour winkte ab.

"Nun gut. Lassen wir das Thema erst einmal fallen. Kommen wir eben auf Manuel Garabao zurück, an dessen Existenz Sie doch wohl glauben, nachdem sie die Karte und seinen Ring gefunden haben. Oder irre ich mich da?"

"Nein. Sie irren sich nicht. Dass er gelebt hat, darüber gibt es wohl keinen Zweifel.

Aus irgendeinem Grund kam Garabao nach La Rochelle. Vielleicht als portugiesischer Edelmann, Reisender oder aus einem anderen Grund, und er wurde aus uns unbekannten Gründen ins Gefängnis geworfen.

Wahrscheinlich geschah dies vor dem Jahr 1503. Bevor er starb, oder vielleicht auch hingerichtet wurde, hat er seinen Ring und die Karte hinter einem losen Stein in der Wand seiner Zelle versteckt.

Dabei hat er der Nachwelt noch eine ominöse Nachricht auf diesem Stein hinterlassen."

"Ja, Maurice. Aber nichtsdestotrotz gibt es keinerlei Beweise, dass Garabao im Gefängnis gestorben oder hingerichtet worden ist.

Es besteht durchaus die Möglichkeit, dass er überlebt hat und sogar fliehen konnte. Haben Sie diese Überlegung schon einmal in Erwägung gezogen?"

Maurice lächelte."Wie kommen Sie denn auf diese Idee?"

"Wir Atlanter haben eine regelrechte Abneigung davor, uns einsperren zu lassen, müssen Sie wissen."

"Ach so. Und warum hat er dann die verstecken Wertsachen nicht wieder an sich genommen, als er wusste, dass er fliehen würde?"

Bakour  zuckte mit den Schultern."Was weiß ich. Vielleicht hatte er keine Zeit mehr gehabt, sie zu holen.

Oder er wollte die Sachen in Sicherheit wissen, denn die geplante Flucht hätte ja auch misslingen können. Und was ist sicherer als eine Zelle in einem Gefängnis, um dort etwas zu verstecken?

Keiner würde wohl in einem Gefängnis einbrechen oder dort nach Wertsachen suchen wollen. Oder Maurice?"

"Ja, da haben Sie wohl recht, aber er müsste dafür gesorgt haben, dass der Turm in all der Zeit, in der er abwesend war, unversehrt bleiben würde", bemerkte der Archäologe, "und das wäre bestimmt keine leichte Aufgabe gewesen, geht man von den vielen Umbrüchen in der Geschichte aus, die sich seitdem in Frankreich zugetragen haben."

"Da stimme ich Ihnen zu, alter Freund. Er musste also, auch wenn er ein Fremder war, in der Stadt gewisse Freunde mit Einfluss gehabt haben, die sich um diese Probleme gekümmert haben.

Und das ist ihnen wohl anscheinend gelungen, denn der Turm steht ja bis heute unversehrt an seinen Platz.

© by Ingo Löchel

Zeichnung © by Nils Broß

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